Gewässer, die durch Torfabbau entstanden sind, Dorfteiche, kleine Waldseen und sogar Viehtränken verbergen oft einen kleinen Goldschatz: Karauschen, die mit ihren großen Schuppen sicher zu den schönsten Fischen unserer Gewässer zählen. Carassius carassius wie die Wissenschaftler diesen Vertreter der Karpfenfische nennen, bewohnt zwar auch Seen, größere Teiche, Kanäle und langsam fließende Flüsse, doch hat sie hier oft einen schweren Stand. Räuber wie Hecht und Wels lassen sich gern mal einen knackigen Goldbarren schmecken. In den Zeiten des lebenden Köderfischs zählte die Karausche für viele Hechtangler zu den beliebtesten Ködern, denn sie hielt – ohne Biss – oft den ganzen Angeltag durch.

Heute ist ihre Bedeutung als (toter) Köderfisch deutlich geringer. Das liegt sicher auch daran, dass es immer schwerer wird, überhaupt gute Karauschengewässer zu finden. Zwei Dinge machen der Karausche dabei das Leben besonders schwer: der Verlust geeigneter Lebensräume und starker Besatz mit anderen Fischen. Viele Dorfteiche und andere Kleingewässer fallen menschlichen Aktivitäten zum Opfer und werden einfach zugeschüttet. Oder trocknen durch Wassermangel in heißen Sommermonaten soweit aus, dass selbst die Karausche keine Chance hat. Ein kräftiger Besatz mit Schleien und natürlich den so beliebten Karpfen lässt den Karauschenbestand in der Regel langsam verschwinden. Alle drei Arten ernähren sich sehr ähnlich, nur sind vor allem Karpfen eben deutlich größer als Karauschen und verputzen so auch deutlich mehr.

Die Karausche wird oft verwechselt – vor allem mit dem Giebel (wissenschaftlicher Name Carassius auratus). Die Unterscheidung ist auch nicht einfach. Am lebenden Fisch hilft es am besten, die Schuppen entlang der Seitenlinie zu zählen: Sind es 32 bis 34 dürfte es wirklich eine Karausche sein. Bei 31 kann es auch ein Giebel sein. Sind es nur 27 bis 30 ist es auf jeden Fall ein Giebel. Bei toten Fischen hilft ein Blick in die Leibeshöhle: Das Bauchfell des Giebels ist auffallend dunkel gefärbt. Barteln hat eine Karausche übrigens nie. Auch kleine Schuppenkarpfen tauchen in Meldungen aber immer wieder als Rekordkarauschen auf.

Die vergessenen Fische
Die vergessenen Fische
Allein im Teich

Dass die Karausche in einigen ihrer Heimatgewässer die einzige überlebende Fischart ist, verdankt sie ihren Nehmerqualitäten. Selbst Tiefschläge wie ein extrem niedriger Sauerstoffgehalt, starke Überdüngung des Gewässers oder harter Frost steckt ein Karauschenbestand schon mal weg. Was der Karauschenkörper dabei biologisch leis-tet, findet auch in anspruchsvollen wissenschaftlichen Magazinen immer wieder Erwähnung. Denn die Karausche ist zum Beispiel in der Lage, ihren Stoffwechsel so umzustellen, dass sie Alkohol anreichert. Dieser hilft ihr als Frostschutz durch harte Winter. Die Tatsache, dass das Herz des Fisches auch bei extremem Sauerstoffmangel weiter arbeitet, hat das Interesse der medizinischen Forschung geweckt, denn das menschliche Herz bekommt hier sehr schnell große Probleme. Vielleicht lässt sich da für die Behandlung etwas lernen.

Ein Fisch für die Pose

Anglerisch kann die kleine Karpfenverwandte durchaus anspruchsvoll werden. Auch größere Vertreter ihrer Art zwingen uns beim Posenfischen schon mal dazu, von einem 3-Gramm- auf eine 1,5- Gramm-Modell runterzugehen, um überhaupt Bisse zu bekommen. Posenfischen ist auch wegen der geringen Größe vieler Karauschengewässer die Standardtechnik, um die Goldbarren zu fangen. Einfacher Dosenmais bringt fast immer Bisse, doch kann an schwierigen Tagen eine gute Köderauswahl sehr hilfreich sein. Teig, den wir mit verschiedenen Aromen veredelt haben, kleine Rotwürmer oder Maden sind bewährte Köder-alternativen zum Mais. Auch für Vorfächer und Haken gilt übrigens: so fein wie irgend möglich. Denn die Königin des Dorfteichs kann schon eine launische Diva sein! Dass der rundliche Fisch mit den großen Schuppen viel mehr als nur Köderfischgröße erreicht, beweisen gerade skandinavische Friedfischspezialisten immer wieder. Ein herrliches Beispiel dafür kommt aus Dänemark: Die Riesenkarausche von Brian Jensen wollen wir Ihnen deshalb hier unbedingt zeigen. Diese Karausche hat ein Gewicht von unglaublichen 3,75 Kilo bei 52 Zentimeter Länge! Laut der wissenschaftlichen Internet- Datenbank www.fishbase.org können Karauschen aber noch größer oder zumindest länger werden: 64 Zentimeter werden dort als größte, bekannte Karauschenlänge angegeben. Was muss ein Fisch dieser Größe an der leichten Posenrute für eine Spektakel veranstalten! Schon deutlich kleinere Vertreter seiner Art legen herrlich hektische Fluchten und schnelle Richtungswechsel hin, die jeden Drill spannend werden lassen. Wo Karauschen groß werden, können sie auch gezielt mit Karpfentechniken gefangen werden. Selbsthakmontagen mit Hartmais oder Mini-Boilies an Haarvorfächern gehören dort zum festen Repertoire der Karauschenspezialisten. Es ist halt ein kleiner Karpfen mit goldenen Schuppen. Apropos: Viele Karpfenrezepte passen natürlich auch für seine kleine Verwandte ausgezeichnet. Obwohl die Karausche grätenreicheres Fleisch hat als der Karpfen und natürlich geschuppt werden muss, hat sie auch als Speisefisch durchaus ihre Fans. Kleinere Fische bieten sich zum Frittieren an, größere wandern in vielen Rezepten in Alu-Folie verpackt in den Ofen, andere empfehlen das Braten in Butter. Unabhängig von der Zubereitungsart kann der leicht süßliche Geschmack der Karausche aber viele Fisch-Fans überzeugen.

Arnulf Ehrchen