Unter dem Motto „Die Äsche – Fisch des Jahres 2011“ fand am 01. Oktober 2011 ein Erfahrungsaustausch mit Vertretern der ARGE Sinntal (Hessen) und Vetretern aus Mitgliedsvereinen des Thüringer Landesangelfischereiverbandes statt.

Ca. 25 Thüringer Angler reisten dazu nach Altengronau ins landschaftlich reizvolle Sinntal zwischen Rhön und Spessart. Empfangen wurden wir von den Herren Alfred Schmidt (Vorsitzender und Sprecher der ARGE), Rainer Hennings (Verband Hessischer Fischer) und Peter Paulini (Mitglied der Arge) im „Gasthof zur Krone“ in Altengronau.

Gewässerökologie
Gewässerökologie
Gewässerökologie

Nach einer kurzen gegenseitigen Vorstellung eröffnete Herr Alfred Schmidt mit seinen Ausführungen zur mittlerweile fast zehnjährigen Arbeit der ARGE unseren Erfahrungsaustausch.

Als Hauptursachen wurden genannt: 

  • Verschlechterung der Wasserqualität.
  • Sedimenteintrag in das Kieslückensystem.
  • Querverbauungen durch Kleinkraftwerke. Hierbei ist auffällig, dass die Hauptinstallationsmaßnahmen mit dem Beginn des Zerfalls der Äschenund anderer Kieslaicher-Populationen sehr zeitnah sind.
  • Wunschfischbesatzmaßnahmen mit Aalen und Regenbogenforellen, letztere besetzen den Äschenlebensraum.
  • Die Befischungsmethoden.
  • Der Fraßdruck Fischfressender Vögel. Wobei heimische Arten, wie der Eisvogel und der Graureiher, sich an der heimischen Fauna ohne nachhaltige Auswirkungen bedienen können, sie beeinträchtigen das Jäger-Beute Verhältnis nicht. Verheerende Schäden sind durch den Kormoran zu verzeichnen.

Probleme, wie wir sie auch aus unseren Thüringer Gewässern kennen.

In der hessischen Sinn und in der schmalen Sinn liegt die hegerische Verantwortung für insgesamt sechs Pachtstrecken bei der ARGE Sinntal Gewässerökologie. Der Äschenrückgang sowie der Zerfall der Barben- und Nasenpopulationen begründet sich hauptsächlich in den Querverbauungen (Wasserkraftnutzung) sowie einem übermäßigen Aalbestand und starken Kormoraneinflügen in den letzten Frostperioden mit bis zu 200 Vögeln. Es ist davon auszugehen, dass der ohnehin schon geschwächte Bestand in weiten Streckenabschnitten durch Kormoranfraßdruck weitestgehend vernichtet worden ist. Das Flusssystem Sinn verfügt über ausgezeichnete Laichhabitate, hohen Natürlichkeitsgrad, ein ausgezeichnetes Nährtieraufkommen, sehr gute Wasserqualität und eine biologische Gewässergüte von durchschnittlich 1,50. Es ist ein sommerkaltes Gewässer mit durchweg hartem Untergrund, die Höchsttemperatur im Fünf-Jahres-Mittel beträgt 15,5°C. Die Bewirtschaftung erlaubt nur das Fischen mit der künstlichen Fliege, ohne Widerhaken und mit geringen Entnahmen. Äschen, Barben und Nasen sind seit fünf Jahren ganzjährig geschützt. Die Zahl der Fischereierlaubnisscheine ist begrenzt, ein großer Streckenteil darf nur vier Monate im Jahr befischt werden. Trotz der eigentlich bezüglich des Gewässers existierenden idealen Voraussetzungen einschließlich des Baus einer Fischwanderhilfe am Kleinwasserkraftwerk Altengronau und umfangreicher Besatzmaßnahmen konnte eine nachhaltige Stabilisierung der Hauptfischarten nicht erreicht werden. Neben dem Äschenprojekt wurde parallel ein Artenhilfsprogramm zur Wiederansiedlung von Nase, Barbe, Gründling und Elritze auf den Weg gebracht. Doch auch hier steht man mittlerweile fast wieder am Ausgangspunkt.

Gewässerökologie

Durch eine sehr effiziente Lobby- und Pressearbeit ist es der ARGE gelungen, den Blick der Politik und Behörden für die Probleme an der Sinn zu schärfen. Mit für Hessen eher un-üblichen Genehmigungen sind selbst im Naturschutzgebiet Kormoranvergrämungsabschüsse möglich geworden. Mittlerweile wurde zur weiteren Unterstützung dieser Bemühungen ein Arbeitskreis aus Vertretern der Fischerei- und Naturschutzbehörden, von Ornithologen und Mitgliedern der ARGE gebildet.

Gemeinsam mit dem Fischzüchter Herrn Lothar Keidel aus Ehrenberg (Rhön) ist es in mehrjähriger angestrengter Arbeit gelungen, autochthone Sinn-Äschen stabil in seiner Fischzucht zu vermehren und bis zu jeder gewünschten Größe aufzuziehen. Doch selbst der Besatz mit 7.000 – 9.000 Äschensetzlingen pro Jahr über mehre Jahre hinweg konnte die nahezu vollständige Vernichtung des Äschenbestandes durch Kormorane in der Sinn nicht aufhalten!

Ergänzt wurden die Ausführungen von Herrn Schmidt durch einen Vortrag von Herrn Rainer Hennings sowie einigen „Bonus-Informationen“ zur rasanten Ausbreitung invasiver amerikanischer Krebsarten und ihren nachteiligen Folgen für den einheimischen Edelkrebs in Hessen.

Im Anschluss hatten wir die Gelegenheit noch ein paar kurze Blicke in die Sinn in Altengronau zu werfen. Vor Augen geführt wurden uns die nachteiligen Auswirkungen der Kleinwasserkraftanlage auf das Gewässer, welche selbst die vor wenigen Jahren errichtete Fischwanderhilfe nur zum Teil kompensieren kann. Immerhin wurden einige kleine Äschen gesichtet aber auch ein nichtheimischer Signalkrebs in seiner ganzen Pracht. Nach den Vorträgen und am Gewässer gab es Gelegenheit zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch in kleineren Gesprächsrunden. Nach einem reichlichen Mittagessen verabschiedeten und bedankten wir uns bei unseren neu gewonnenen hessischen Freunden und Kollegen mit dem gegenseitigen Wunsch, diesen Kontakt weiter zu pflegen.

Fortgesetzt wurde unsere Exkursion nach knapp einstündiger Fahrt durch eine herbstbunte Landschaft im strahlenden Sonnenschein im Forellenhof Keidel in Ehrenberg (Rhön) am Fuße der Wasserkuppe, dem höchsten Berg der Rhön.

Auf seinem Forellenhof stand Herr Keidel schon zur Begrüßung bereit. Von ihm erfuhren wir, dass sein kleiner Familienbetrieb 40 Teiche (besser Teichlein) mit einer Gesamtfläche von einem (!) ha am Nordosthang der Wasserkuppe bewirtschaftet. Immerhin bringt er es auf dieser geringen Fläche mit spärlichem Wasserdargebot auf eine eindrucksvolle Jahresproduktion von ca. 35 t Fisch. Über die Direktvermarktung seines Markenprodukts der „Rhöner Bachforelle“, vor allem in der Gastronomie des Biosphärenreservats, gelingt ihm auch eine bemerkenswerte Wertschöpfung. Darüber hinaus beliefert er mit Forellen und Äschen (Brut und Setzlinge) Anglervereine und -verbände u.a. in Thüringen, Sachsen, Brandenburg ja selbst bis Hamburg. Die Qualität und Exklusivität seiner Fische haben dazu geführt, dass zahlreiche potenzielle Kunden mitunter jahrelang in einer Warteschleife stehen müssen. „Klein aber fein“- und zahllose Stunden engagierter Arbeit der ganzen Familie sind das Rezept seines Erfolgs.

Nach dieser kurzen Einführung ging’s dann zum eigentlichen Kleinod seines Betriebes, der Brut- und Aufzuchthalle sowie den Laichfischteichen seiner Sinn- Äschen. Erst seit wenigen Jahren steht diese moderne Halle, ausgerüstet mit Rundbecken, wo wir dann auch die ersten Äschen zu sehen bekamen. Sowohl in einigen Teichen vor der Halle und in den Rundbecken tummelten sich Tausende äußerst vitaler Jungäschen im 8 °C kühlen Quellwasser. Hier erklärte uns Herr Keidel den Zyklus von der Laichfischhaltung über die Erbrütung, das Anfüttern und die weitere Aufzucht seiner Äschen. Vor dem heute gesicherten Erfolg lagen drei angestrengte Jahre des Studierens und Experimentierens, denn Äschen verlangen ganz einfach wesentlich mehr Fingerspitzengefühl als Forellen oder Saiblinge. Das punktgenaue Erkennen der Laichreife vor dem Abstreichen oder das Herausfinden eines geeigneten Starterfutters für die Brut sind nur zwei der vielen Hürden, die zu nehmen waren. Insgesamt erfordern Äschen aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit ein weitaus behutsameres Handling als viele der bekannten Wirtschaftsfischarten. Mit seinem etablierten Laichfischbestand hat Herr Keidel ein hohes Maß an Sicherheit für eine stabile, von Kormoran- und Witterungseinflüssen weitestgehend unabhängige Äschenreproduktion geschaffen. Laichfischbestand und Reproduktions-technologie stehen bereit, um sofort bestandsstützend dort und dann einzugreifen, wo Kormorane kein ernsthaftes Problem sind. An der Sinn muss die Sinnhaftigkeit eines weiteren umfangreichen Äschenbesatzes bei anhaltender Kormoranprädation leider infrage gestellt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Dieser Tag hat sich für alle Beteiligten in jeder Hinsicht gelohnt. Es gab eine Menge zu sehen und zu lernen, wir haben neue Partner und Freunde in unserem Nachbarland Hessen gefunden, bei denen wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich für die Zeit und Mühe bedanken möchten, die sie für uns aufgewandt haben. Mit zu diesem positiven Gesamteindruck beigetragen hat nicht zuletzt ein strahlender Indian-Summer-Tag in der Rhön. Petri sei Dank

Bilder: © Andreas Kirsch