Die gemeinsame Fischereipolitik hat uns überfischte Meere beschert. Das will die EU nun neben anderem mit der Einrichtung eines funktionierenden und wirk- samen Kontrollsystems in Form einer Fischerei-Kontrollverordnung ändern. Eine Ausweitung der Kontrolle auf die Angelfi- scherei in der Union ist für uns Angler aber unannehmbar. Das sieht das Europäische Parlament wohl ebenso. Am 22. April hat- ten die Parlamentarier einen Bericht zur Kontrollverordnung für die Fischerei mit großer Mehrheit angenommen. Allerdings ist im Parlament zuvor debattiert worden, inwieweit die Freizeitfischerei in das Mengenmanagement für Fischbestände einbezogen werden muss. Die Fangmengen der Freizeitfischerei können nach Ansicht des Parlaments zwar von den Mitgliedstaaten beobachtet und bewertet werden, jedoch sollten nur bei erheblichen Einflüssen auf die Bestände die Fangmengen auf die Quoten der Mitgliedsstaaten angerechnet werden. Da über den vorgelegten Bericht aber lediglich im Rahmen eines Anhö- rungsverfahrens abgestimmt wurde ist er für den EU-Ministerrat nicht bindend sondern stellt lediglich die Meinung des Parlaments dar.

Der VDSF und die EAA (European Anglers Alliance) hatten im Vorfeld der Parlamentsentscheidung unermüdlich am Thema mitgearbeitet, Anmerkungen und Einwände gemacht.

Im November 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine neue Kontrollverordnung im Fischereisektor. Die neue Verordnung, die 116 Artikel beinhaltet, schlägt zum ersten Mal eine Einbeziehung der Sportfischerei vor (Artikel 47). Angler und Betreiber von Angelkuttern in ganz Europa waren verunsichert, da der Inhalt des Artikels, wenn befürwortet, möglicherweise eine Einführung von Logbüchern, Anmeldung von Fischfängen, Boot- und Angelgenehmigungen, Schreibarbeit, Lizenzen, und Fischfangquoten zur Folge haben könnte. Es ist offensichtlich: Statt einer Verbesserung der Fischbestände bringt der Artikel 47 der neuen Kontrollverordnung lediglich eine Vielzahl neuer Kontrollvorschriften, die an den bestehenden Miss- ständen nichts ändern und letztendlich nur zu einem mehr an Bürokratie führen.

VDSF und EAA Präsident Peter Mohnert hatte deshalb unter anderen EU – Fischereikommissar Joe Borg, Bundeslandwirt- schaftsministerin Ilse Aigner sowie den „EU-Entbürokratisierer“ und ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber angeschrieben, seine Befürchtungen zum Ausdruck gebracht und um Klarstellung gebeten.

Zusammen mit dem Deutschen Anglerverband hatte der VDSF auch eine gemeinsame Erklärung zur geplanten Überwachung der Freizeitfischerei veröffentlicht, in welcher sich beide Verbände klar gegen den Artikel 47 und insbesondere gegen die Anrechnung der Anglerfänge auf die Quote der Berufsfischerei ausgesprochen hatten (siehe Fischwaid, Ausgabe 2 / 2009 und www.vdfs.de). Auch der Generalsekretär der European Anglers Alliance, Jan Kappel, hat sich in permanenter Abstimmung mit dem Präsidenten an die Europäische Kommission gewandt und die vorläufige Streichung des Artikels 47 oder die Herausnahme der Angelfischerei von der vorgeschlagenen Regelung gefordert. Ebenso ist er mit dem Thema, mit Erfolg, bei einer Vielzahl von Europa- abgeordneten vorstellig geworden.

Der Fischereiausschuss des Europaparla- ments hatte daraufhin am 31. März eine überarbeitete Fassung des Berichts angenommen, der rund 290 Anmerkungen der Ausschussmitglieder einbezog. Beinahe hätte der Fischereiausschuss vorgeschla- gen, dass Artikel 47 gesamt gestrichen werden solle. Ganze 5 Stimmen fehlten. Der vom Europaparlament verabschiedete Verordnungs-Text, wie er jetzt vorliegt bevor er von der Kommission und den Minister abgeändert wird, schließt erstmals explizit die Freizeitfischerei ein. Beispielsweise heißt es in Artikel 47:

Freizeitfischerei, die von Bord eines Schiffs in Meeresgewässern der Gemeinschaft auf einen Bestand betrieben wird, für den ein mehrjähriger Wiederauffüllungsplan gilt, kann von dem Mitgliedsstaat, in dessen Gewässern sie erfolgt, evaluiert werden. Die Fischerei, die mit Handangeln von Land aus betrieben wird, ist davon ausgenommen

Wird festgestellt, dass eine Freizeitfischereitätigkeit erhebliche Auswirkungen hat, so werden die Fänge auf die betreffende Quote des Flaggenmitgliedsstaats angerechnet. Der betreffende Mitgliedsstaat kann einen Anteil seiner Quote festsetzen, der ausschließlich für die betreffende Freizeitfischerei genutzt wird.

Der gegenüber der ursprünglichen Version abgeänderte Text kommt den Anglern jetzt mehr entgegen. Er schließt die Angelfischerei vom Meeresufer aus und be- zieht die Sportfischerei nur bei den Fischbeständen für die es Erhaltungspläne gibt ein (derzeit Dorsch und Blauflossenthun). Die Parlamentarier haben auch an einigen Stellen “soll” mit “kann” ersetzt, um her- vorzuheben, dass ihnen daran liegt, dass die Mitgliedsst aaten viel selbstständig entscheiden und verwalten sollen. Grundsätzlich könnte die Verordnung aber auch die Einführung eines unrealisti- schen Kontrollsystems bedeuten, bei dem der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.

VDSF Präsident Peter Mohnert hat deshalb dringenden Klärungsbedarf gesehen und auch erhalten.

Fischereikommissar Borg wird übrigens am 17. Juni zu einer im Bundesministe- rium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin erwartet um über die Vorhaben der EU Kommission vor Ort zu diskutieren. Bei der Unterre- dung wird auch der VDSF anwesend sein der auch weiterhin energisch für die Strei- chung des Artikels 47 eintritt. Dazu hat er viele Mitstreiter gefunden. Das zeigt bereits die Tatsache, dass zu Artikel 47, obwohl er nur die Angler betrifft, mehr Eingaben, Hinweise und Vorschläge ein- gegangen sind als zur gesamten Verordnung.

Dr. Stefan Spahn

In einem Brief an Peter Mohnert vom 30. April schreibt EU-Fischereikommissar Joe Borg:

„Unser Vorschlag hat nicht zum Ziel, wie in der gewerblichen Fischerei Fangquoten und Kontrollen für jeden einzelnen Hobbyangler festzulegen. Wir schlagen lediglich vor, in der Freizeitfischerei auf See für einige wenige und genau begrenzte Bestände, die sich in einem biologisch schlechten Zustand befinden – die sogennanten erholungsbedürftigen Bestände – einige grundlegende Anforderungen an Genehmigungen und Berichterstattung einzuführen.

Bei Betrachtung der praktischen Auswirkungen unseres Vorschlags ist zu berücksichtigen, dass Freizeitfischer derzeit nur zwei Arten befischen, für die entsprechende Wiederauffüllungspläne gelten, nämlich Blauflossenthun und Dorsch / Kabeljau.

Natürlich fischen Sie auch Seebarsch, Lachs und viele andere Arten, für diese gibt es aber keine Wiederauffüllungspläne, so dass sie auch nicht in den Geltungsbereich unseres Vorschlags fallen. Insofern sind die allermeisten Angler von unserem Vorschlag nicht betroffen.

….Ferner will ich darauf hinweisen das ein Freizeitangler, selbst wenn er ei- nen erholungsbedürftigen Bestand befischt, auf den die Freizeitfischerei eine wesentliche Auswirkung hat, von der Kontrollverordnung nicht unbedingt betroffen ist. Fängt er z.B. eine geringfügige Menge Kabeljau, etwa zum Privatgebrauch, so fällt er nicht unter die Kontrollverordnung“ .