Zander mit Gummiködern zu fangen ist nicht neu. Doch die meisten Zanderfänge mit den unterschiedlichsten Gummiködern werden in Flüssen und Kanälen gemeldet. In einem stehenden Gewässer, einem See oder Stausee sind regelmäßige Zanderfänge auf Gummiköder eher selten. Hier wird den Stachelrittern meistens der Köderfisch oder der Fetzenköder angeboten. Vorraussetzung für regelmäßige Zanderfänge sind gute Gewässerkenntnisse, sagt Marco K. Er hat gut ein Jahr gebraucht, um an seinem Hausgewässer, einem mehr als 200 Hektar großen Stausee, die Hot Spots zu finden. Dazu waren unzählige Fahrten mit dem Boot notwendig, um mit dem Fischfinder den Gewässergrund zu erkunden und die guten Stellen zu finden.

Abfallende Steinschüttungen, Steilufer die sich unter Wasser fortsetzen, Barschberge und anglerische Hindernisse im Wasser sind die Stellen an denen Marco heute auf Ansage seine Zander fängt. Und das nicht vom Boot, sondern meistens als Uferangler. Um die Hot Spots zu erreichen, sind einige Dinge absolut notwendig: Der richtige Köder und die richtige Wurfweite. Wurfweite heißt hier wirklich Weite, denn wenn man die guten Stellen nicht erreicht, gibt es auch keinen Fisch. Das Problem ist wirklich, die guten Stellen zu finden und mit dem Köder zu erreichen. Mit einer brettharten Rute fischt Marco eine zehner geflochtene Schnur. Die Bleiköpfe variieren dabei stark. Mal hängt nur ein drei Gramm Kopf am Haken, mal sind es bis zu 15 Gramm.

Gummifetischist im Zanderfieber
Gummifetischist im Zanderfieber
Je nach Jahreszeit

Die Zander stehen nicht immer am Grund. Deshalb fischt Marco mal einen Gummifisch von fünf Zentimetern am drei Gramm schweren Bleikopf, der nur hin und wieder den Grund erreicht. Wenn die Zander jagen, wird der Gummi zügig eingekurbelt und nur hin und wieder mit einem kurzen Stop eine kurze Sinkphase eingeleitet. Dann geht’s mit hoher Geschwindigkeit weiter. Bei dieser Technik steigen nicht nur Zander ein. Auch Hecht und Barsch nehmen den flüchtenden Gummifisch sehr gern. Am Tage bei Sonnenschein sind dabei eher naturgetreue Nachbildungen angesagt, bei bedecktem Wetter steigen die Räuber gern auf helle Köder ein.

Wetterfühlige Fische

Doch manchmal passiert auch an den besten Stellen gar nichts, manchmal ein, zwei Wochen lang. Vor allem die Zander scheinen sehr wetterfühlig zu sein. Ihnen ist es aber offensichtlich egal, ob der Luftdruck hoch oder niedrig ist. Zander wollen einen stabilen Luftdruck, der sich nicht ständig ändert. Das heißt, es gibt kein gutes oder schlechtes Zanderwetter. Es muss lediglich beständig über einige Tage gut oder schlecht sein.

Am Grund sind Stachelritter

Wenn Marco am Grund die Gummis tanzen lässt, dann eher mit größeren Bleiköpfen um die zehn Gramm. Trotzdem muss der Gummi auf Weite kommen. Die Köder, in der Regel um die acht Zentimeter groß, holt der Zanderspezi nur ganz langsam und Stück für Stück ein. Die Rute hält Marco dabei fast parallel zur Wasseroberfläche. Eine Kurbelumdrehung, warten. Eine Kurbelumdrehung, warten. Plötzlich schnellt die Rute nach oben und krümmt sich. „Da hat doch noch einer Hunger“, sagt der Zanderspezi schmunzelnd. Die Polibrille gehört bei dieser Art des Angelns zur Grundausstattung. Auch wenn der Himmel bedeckt ist, lassen sich manche Bisse nicht in der Rute erspüren, sondern werden nur durch die Schnur angezeigt. Die Polibrille hebt die Wasserspiegelung auf und lässt so jede unnormale Veränderung an der Schnur besser sichtbar werden.

Wackelt nichts, beißt nichts

Die Größe der Bleiköpfe ist im Stausee fast zweitrangig, wichtig ist eine richtige Köderpräsentation. Der Gummi muss laufen, sich bewegen. „Das Problem hier im Stausee ist, dass der Zander nicht jeden Fisch fressen muss, der ihm um die Nase schwimmt. Das ist im Fluss anders. Aber hier kann er warten, hat er Zeit. Die meisten Zander haben sich auf die Uckelei eingestellt. Da muss man die Zander dann schon mal sehr überzeugen, etwas anderes zu probieren“, sagt Zanderprofi Marco. An der geflochtenen Schnur ist ein Einhänger befestigt, hier hängt ein 30ger Hardmono-Vorfach und daran an einem weiteren Einhänger der Köder. So gibt es wirklich keine Dehnung in der Schnur und kein Spiel für den Köder. An den Bleikopf kommen hier aber zum Beispiel kaum noch die sehr verbreiteten Kopytos. „Der Wackelschwanz bewegt sich zwar sehr gut, ist aber zu groß und bei den weiten Würfen verhakt der sich immer im Haken. So funktioniert das natürlich nicht“, sagt Marco. Im stehenden Gewässer sind anders als im Fluss nicht nur Laufeigenschaften, sondern auch Flugeigenschaften der Köder gefragt.

Basteln ist angesagt

Wenn ein Köder nach sechs oder sieben Würfen keinen Fisch gebracht hat, heißt es Köderwechsel. Weil den Zandern immer wieder etwas Neues präsentiert werden muss, wird da schon hin und wieder gebastelt. Twisterschwänze werden an den Kopyto geklebt und so mancher Gummiköder bekommt ein ganz individuelles Design. Wackelschwänze mit dem großen Teller werden gegen breite Twisterschwänze getauscht. Mit der Schere abgeschnitten, mit dem Feuerzeug kurz heiß gemacht, kann man direkt am Wasser seiner Kreativität freien Lauf lassen. Dabei entstehen nicht nur immer wieder neue Formen, sondern auch immer wieder neue Farbvarianten. Köderwechsel: Kopyto mit gelbem Twisterschwanz und gleich nach dem ersten Wurf ist die Rute wieder krumm. Wieder hat sich ein Zander zum „Kosten“ überreden lassen und hängt am Haken. Dabei ist es offenbar nicht so wichtig, die Natur zu imitieren, sondern den Zandern immer wieder etwas Neues anzubieten. Dass das wirklich funktioniert, konnte Marko eindrucksvoll unter Beweis stellen. An drei Angeltagen konnte er 12 Zander landen, der größte knackte die 90-Zentimeter Marke. Auch einige gute Barsche ließen den Köder dabei nicht unbeachtet vorüber ziehen. Sie hatten Größen zwischen 25 und 40 Zentimeter. Leider können wir hier nicht das obligatorische Fangfoto präsentieren, denn die Zander sind alle wohlbehalten in ihrem Element. „Wenn ich alle Fische, die ich im Jahr fange, verwerten würde, wäre der See bald leer. Wenn ich nur hin und wieder einen Fisch entnehme, kann sich ein guter Bestand aufbauen, denn nicht nur ich und andere Angler sind hier aktiv, sondern auch der Fischer mit Reusen und Netzen“, sagt Marco. Wie bei ihm scheint sich bei einigen Anglern ein Umdenken zu entwickeln, nicht jeden mäßigen Fisch abzuschlagen, sondern bewusst mit den Beständen umzugehen. Zander in stehenden Gewässern mit Kunstködern zu beangeln, funktioniert also, es ist aber deutlich schwieriger als in Flüssen oder Kanälen, in denen manchmal ein einziges Seerosenblatt den Unterschied zur Umgebung ausmacht und so zur guten Stelle wird. Im See haben die Fische viele Stellen, an denen sie sich aufhalten können und müssen, nicht jeden Köder nehmen – hier ist eben der Verführer gefragt und manchmal sind es eben die Feinheiten und Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen, so zum Beispiel manchmal nur einige Meter Wurfweite. Die Gesamtkomposition von Rute, Schnur und Köder muss dabei ganz einfach stimmen. Dann klappt es auch regelmäßig mit den Zandern in den Seen.

Thomas Bein