Interview der Redaktion „Der Märkische Angler“ mit dem Präsidenten des Deutschen Fischereiverbandes Holger Ortel zum Zusammenschluss des DAV und des VDSF zu einem gemeinsamen großen Angelfischereiverband.

Interview mit dem Präsidenten des Deutschen Fischereiverbandes Herrn Holger Ortel

Frage: Herr Ortel, sind Sie über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen zwischen dem DAV und dem VDSF informiert?

Antwort: Ja natürlich, beide Verbände sind Mitglied im Deutschen Fischereiverband und leisten hier eine hervorragende Arbeit. Nicht nur ich als Präsident, sondern alle Mitglieder des Verbandes verfolgen mit großem Interesse die Bemühungen, einen gemeinsamen großen deutschen Angelfischereiverband zu gründen.

Frage: Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen der bisherigen Verhandlungen?

Antwort: Es geht nicht darum ob ich zufrieden bin. Es geht darum, ob VDSF und DAV mit den Ergebnissen zufrieden sind. Ich hatte die Möglichkeit an dem Treffen der Landesverbände von VDSF und DAV anlässlich der Deutschen Fischereitage in Saarbrücken, Bremerhaven und München teilzunehmen. Dort hat sich eine überwältigende Mehrheit der Vertreter der anwesenden Landesverbände für das Zusammengehen der Verbände bis Anfang des Jahres 2012 ausgesprochen. Die durch den DAV und VDSF eingesetzte Verhandlungskommission (12er- Kommission) hat intensiv gearbeitet und gut durchdachte Entwürfe einer Satzung sowie eines Verschmelzungsvertrages und Positionen einer inhaltlichen Ausrichtung eines gemeinsamen Verbandes vorgelegt. Danach geriet der Prozess ins Stocken. Die anschließende Diskussion war sehr emotional und hat dem Prozeß des aufeinander Zugehens einen Teil seiner positiven Dynamik genommen. Ich betrachte das daraus resultierende Aussetzen der Verhandlungen als Denkphase, die alle Seiten nutzen sollten, sich zu beraten, neu zu motivieren, um baldmöglichst an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Frage: Halten Sie einen gemeinsamen Verband für so wichtig, beide Verbände machen sich doch auch so für die Durchsetzung von Angelinteressen mit Erfolg stark?

Antwort: Es stimmt, beide Verbände nutzen ihre Möglichkeiten sich einzubringen in die gesellschaftlichen Entscheidungsprozesse, die mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf die Angelfischerei in Deutschland haben. Und gerade hier liegen die Reserven. Die Strukturen beider Verbände verfügen über einen immensen fischereilichen und naturschutzfachlichen Sachverstand. Nicht wenige Themen, die für die Angelfischerei von entscheidender Bedeutung sind, werden durch die Verbände parallel bearbeitet.

Ich möchte dazu einige Beispiele geben:
– die Bemühungen, vom Aussterben bedrohte Fischarten wieder anzusiedeln,
– der Einsatz für die Verbesserung der Durchgängigkeit der Fließgewässer,
– die Fragen des Managements von fischfressenden Tierarten
– und nicht zuletzt die Aufgabe, einer breiten Öffentlichkeit immer wieder deutlich zu machen, dass die ordnungsgemäße Ausübung der Angelfischerei eine sinnvolle, soziale, in die Natur eingebundene Betätigung von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist.

Diese Kräfte in einem Verband zu konzentrieren, heißt nicht nur sie zu addieren, sondern sie durch die Synergieeffekte zu potenzieren. In einer Vereinigung sehe ich enormes Potenzial. Wenn man Strukturen in einem Verband zusammenführt, werden natürlich auch finanzielle Mittel frei. Das ist allerdings keine kurzfristige Angelegenheit die sofort mit der Vereinigung angegangen werden muss. Die Frage der Struktur eines zukünftigen Verbandes muss nicht sofort gelöst werden.

Und noch was: Die heutige Zeit ist oftmals geprägt von Konfliktfeldern des Naturschutzes und des Naturnutzens. Das Wirken der Angelfischer ist für mich ein Beispiel, wie eine Interessengruppe die in der Natur wirkt, den Gedanken der Naturnutzung und des Naturschutzes verinnerlicht hat und ihn umsetzt. Ein großer Verband mit ca. 850.000 Mitgliedern ist in der Lage denjenigen, die der Meinung sind Natur schützen zu müssen, indem man die Menschen aussperrt – ihnen das Naturerlebnis entzieht – entscheidende Argumente entgegenzusetzen. Im Prozess der gesellschaftlichen Abwägung unterschiedlicher Interessenlagen kann ein gemeinsamer großer Deutscher Angelfischerverband für sich eine weitaus bessere Ausgangsposition als eine geteilte Anglerschaft geltend machen.