Sie wohnen in kleinen Schachteln, einsam an der Köderwand des Angelladens. Gesellschaft leisten ihnen manchmal nur zwei kleine Einzelhaken mit Ösen dran. Viele beachten sie gar nicht. Wer dann doch die Packung von der Wand nimmt, den Miniwobbler betrachtet und sich das Preisschild ansieht, ist zuerst schockiert: So viel Geld für so wenig Kunstköder. Aber wie ihre großen Geschwister sind auch sie absolute Profis in ihrem Element. Oft sind sie nur wenige Zentimeter groß und nur wenige Gramm schwer, Tauchtiefen liegen zwischen 50 und 150 Zentimetern. Also nur was für flaches Wasser?
Nicht unbedingt. Vor allem in den Sommermonaten haben sich viele Räuber auf Brutfische eingeschossen. Womit jetzt effektiv angeln, wenn die Räuber jeden anderen Köder großzügig ignorieren? Genau die kleinen Wobbeltierchen schließen die Lücke und sie sind die Antwort auf die Köderfrage. Wenn die Mini-Wobbler erst im Wasser sind, zeigen sie so richtig, was sie können. Auch hier gibt es die schwimmende, die sinkende und die suspendig – die schwebende Variante. Doch so fein und filigran die Köder auch gearbeitet sind: Das Gerät und die Montage müssen sich dem anpassen, um die Stärken der Minis wirklich auszuspielen.
Um die Kleinen werfen zu können, braucht man entsprechendes Gerät: feine Rute mit einem Wurfgewicht bis 15 Gramm, eine sehr dünne aber weiche geflochtene Schnur, Fluorkarbon als Vorfachmaterial und Einhänger, die haltbar aber leicht sind. Denn vor allem der Einhänger am Vorfach beeinflusst das Schwimm- und Laufverhalten der kleinen Köder viel stärker als bei den großen Geschwistern unserer Miniwobbler. Ein schwebender Wobbler wird da bei zu schwerem Einhänger schon mal schnell zum sinkenden U-Boot. Je kleiner und feiner das Gerät, umso besser können die Kleinen in ihrem Element zeigen, was sie können. Ich hatte vor einigen Wochen ein wenig Mitleid mit den kleinen Miniwobblern an der Köderwand und habe einige aus ihrer Einsamkeit befreit. Sie durften sich zu den anderen Wobblern in meiner Köderkiste gesellen. Dabei fiel meine Wahl vor allem auf natürliche Muster in Silber mit weißem Bauch und blauem Rücken. Aber auch Minis in grellen Farben haben vor allem auf beißfaule Fische ihre Berechtigung.
Am Wasser angekommen, treten sie mit mir eine kleine Bootsfahrt an und freuen sich endlich im Wasser zu zeigen, was sie können. Vom Boot aus geht der erste Wurf in Richtung Ufer. Viele Bäume säumen den See, glasklares Wasser und Räuber, die im Schatten der Bäume auf Beute lauern. Gleich der erste Wurf bringt den ersten Fisch. Mit einem kleinen „Plop“ landet der Wobbler auf dem Wasser. Die ersten Kurbelumdrehungen, in der feinen Rute spürt man, wie der Wobbler arbeitet und die kleine Rasselkugel vibriert.
Und dann rüttelt es plötzlich wie wild am Köder. Der erste Barsch hat den Mini gleich genommen, zwei, drei Meter durfte er sein Können ausspielen und das reichte, um den Barsch von seinen Qualitäten zu überzeugen. Wie wild dreht sich der gestreifte Räuber, zeigt hin und wieder mal seinen weißen Bauch. Das alles hilft nichts, denn die kleinen, nadelscharfen Haken haben sicher gefasst. Der kleine Tiny Try 50 von Illex war nur einen Moment im Wasser und konnte dabei nur ein kleines Stück davon ausspielen, was er wirklich kann. Ein zweiter Räuber will an dieser Stelle nicht auf den Köder hereinfallen. Mehrere gute Barsche verfolgen den Köder bis zum Boot, attackieren ihn aber nicht. Jetzt kann der Knirps zeigen, was er noch kann. Drei, vier Kurbelumdrehungen und kurze Pause. Dann wieder ein Stück im Wasser arbeiten.
Kurbelt man die Miniwobbler in der suspendig Bauweise mit einer kleinen Pause ein, bleiben sie an ihrer Position. Die Wobbler sinken nicht weiter ab und steigen auch nicht auf. Allein ein kleiner Einhänger führt dazu, dass der Miniwobbler etwas „kopflastig“ wird und langsam zu Boden taumeln könnte. Doch auch hier bleibt er leicht über dem Grund schwebend im Wasser stehen. Die Drillinge schweben über dem Grund. Entweder greifen sich Barsch und Co. genau in dieser Ruhephase den Köder oder genau dann, wenn er sich nach einer kurzer Ruhepause wieder in Bewegung setzt. Die kleinen Minis sind ebensolche Hightech-Köder wie ihre größeren Artgenossen. Man kann sie ganz langsam führen, aber auch über Krautbänken und an Schilfkanten taumeln lassen. Auch hier wird so mancher Räuber verführt. Hin und wieder schnappt sich auch ein hungriger Hecht den kleinen Miniwobbler. Ein haltbares Fluokarbonvorfach ist da Pflicht. Stahlvorfächer würden den Lauf des Köders zu sehr negativ beeinflussen. An dem ganz feinen Gerät macht aber auch ein gerade maßiger Hecht sehr viel Rabatz und es macht richtig viel Spaß den Halbstarken auszudrillen. Doch die kleinen sind nicht nur im Flachwasserbereich zu gebrauchen. Selbst bei Wassertiefen um die drei Meter haben die Barsche zugeschlagen. Sie lauern in der Tiefe an Kanten und Krautbänken. Und dann steigen sie blitzschnell auf, um den kleinen Köder zu attackieren. So ausbalanciert und verführerisch die Knirpse unter den Wobblern auch sind: Auch die kleinen und dennoch stabilen Drillinge sind Nadelscharf und bestrafen den geringsten Versuch den vermeintlichen Beutefisch zu fressen.
Wer nicht nur im Herbst sondern auch im Sommer richtig Spaß am Spinnfischen haben will, sollte sich im Angelladen ruhig mal den kleinen Ködern widmen, die da ganz einsam an der großen Köderwand hängen. Der Minieinsatz verführte eine ganze Reihe Barsche an diesem Tag. Zum Fototermin wurden jedoch nur so viele gefangen, wie es für eine Pfanne voll zum Abendessen brauchte.
Thomas Bein