Keine angenehme Nachricht ereilte Mitte Oktober 2013 den Landesanglerverband Thüringen e.V. (LAVT). Hinter dem Damm der Talsperre Loßnitz trat nahe des Grundablasses Wasser aus und es wurde täglich mehr. Grund war eine seitlich des Dammes verlaufende und wohl schon seit längerer Zeit geborstene Trinkwasserleitung. Eine Bewertung, ob und in welchem Umfang der Damm beschädigt wurde bzw. in wie weit die Standsicherheit der Stauanlage Loßnitz noch gewährleistet ist, macht genauere Untersuchungen dringend notwendig.
Nach mehreren Beratungen vor Ort mit der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie, der Thüringer Fernwasserversorgung als Betreiber der Anlage sowie weiteren Beteiligten stand am 28. Oktober 2013 fest, die Talsperre muss abgelassen werden.
Sicherlich waren wir als Fischereipächter davon wenig begeistert, denn wir haben gemeinsam mit unseren Vereinen in unzähligen Arbeitsstunden die Talsperre Lossnitz als eines der wenigen Angelgewässer im Territorium über Jahre gepflegt und einen attraktiven Fischbestand aufgebaut. Leider wurde dieser auf Grund des Hochwassers im Frühsommer 2013 schon einmal stark geschädigt, in dem unzählige Fische über den Hochwasserüberlauf aus der Talsperre entwichen sind.
Unserem Verband war von Anfang bewusst, dass die Gewährleistung der Standsicherheit bzw. die Gefahrenabwehr das Primat haben.
Gemeinsam mit den zuständigen Behörden, Unternehmen und Eigentümern vor Ort wurde eine möglichst zeitnahe Abfischung vorbereitet und die Talsperre Loßnitz schrittweise abgesenkt. Die Vereine im Thüringer Gewässerverbund des LAVT wurden umgehend über die Situation informiert und das Angeln am Speicher Loßnitz ab sofort untersagt.
Die Geschäftsleitung des LAVT musste nun möglichst schnell, neben einer Vielzahl anderer Aufgaben im Verband, eine reibungslose Abfischung der Talsperre vorbereiten, denn der Termin der Abfischung wurde auf den 07. November festgelegt.
Hier zeigte sich, wie wichtig es war, dass der Verband sich in den vergangenen Jahren umfangreiche Fischereitechnik angeschafft hat und so in der Lage ist, auch kurzfristig solche nicht einfachen Aufgaben realisieren zu können.
Da der Wasserstand stetig sank, haben vom 21.10. bis zum 14.11.2013 Mitglieder und Mitarbeiter des LAVT und weitere fleißige Helfer ein bis zwei Mal täglich Teichmuscheln aus dem Schlamm geborgen und umgesetzt.
Bereits Tage vor der Abfischung wurde der Abfischgraben an der Talsperre Loßnitz gemäht, eine entsprechende Stau- und Abfischvorrichtung mit Schlitzblech eingebaut sowie die benötigte Abfisch- und Transporttechnik vorbereitet. Am 06.11.2013 war der Fischtransporter des LAVT einsatzbereit und die Abfischtechnik (5 große Fischbehälter, 2 Transportwannen für den Kran, 4 Teichwaden, 2 Absperrnetze, 20 Kescher,6 Tragekübel, 2 Boote, 2 Belüftungsaggregate, 2 Notstromaggregate, 3 leistungsfähige Pumpen, zwei Elektroabfischgeräte, Schutzbekleidung, 2 Versorgungszelte, Küchentechnik etc.) aufgeladen und zur Talsperre Loßnitz abtransportiert und dort aufgestellt.
Auf Grund dessen, dass die Talsperre in dieser Zeit kein Wasserzulauf hatte, sind die 3 Behälter des Fischtransporters und die 5 Fischbehälter schon vorher mit Frischwasser gefüllt wurden. Zusätzlich unterstützte uns die Agrargenossenschaft Loßnitz mit der Bereitstellung eines großen Wasserwagens. Damit konnten wir sicherstellen, dass beim Abfischen immer ausreichend frisches Wasser vorrätig war.
Um die hochwertige Fischereitechnik nicht unbewacht zu lassen und das weitere Ablassen kontrolliert vornehmen zu können, wurde zusätzlich ein Nachtdienst mit zwei Personen vom 06.11., 16.00 bis 07.11., 7.00 Uhr organisiert.
Am 07.11.2013 in den frühen Morgenstunden war es dann soweit. Insgesamt 38 fleißige Helfer, Mitglieder aus unseren Vereinen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mitglieder des Präsidiums des LAVT nahmen an der Abfischung teil.
Da es am Abend geregnet hatte, musste der Wasserstand anfangs nochmals abgesenkt werden, bevor die große Teichwade zum Einsatz kommen konnte.
Um die Fisch später aus dem Netz heben zu können, kam ein großes Kranfahrzeug der Firma Westphal aus Weimar zum Einsatz.
Das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda stellte ein Transportfahrzeug mit Wasserbehälter und 4 Mitarbeiter bereit, welche an diesem Tag vorrangig für das Absammeln und Umsetzen der Muscheln verantwortlich waren.
Den reibungslosen Abtransport der Fische gewährleisteten der Fischtransporter des LAVT und ein Fischtransportfahrzeug der Fischzucht Hickethier. Die Fischzucht Vogel stand mit einem großen Fischtransportfahrzeug auf Abruf bereit.
Der Fischbestand in der Talsperre Loßnitz wurde mehrfach mit der Teichwade ausgedünnt und die Fische in das Naturbad Magdala und den Speicher Kromsdorf umgesetzt. Letztendlich wurde die Talsperre komplett abgelassen und die restlichen Fische hinter dem Damm, im extra dafür vorbereiteteten Abflussgraben entnommen. Insgesamt gingen über 2 Tonnen Fische, vor allem Plötzen, Rotfedern, Karpfen, Hecht, Schleie, Zander und Aal ins Netz.
Ohne das Sommerhochwasser wäre das Ergebnis sicherlich noch besser gewesen, denn wir hatten einiges mehr an Zander, Hecht und Karpfen erwartet.
Natürlich hatte der LAVT für die fleißigen Helfer reichlich Getränke sowie ein leckeres Frühstück und Mittagessen bereitgestellt.
Nach 17 Uhr wurden unter „Flutlicht“ die Versorgungszelte abgebaut und die erste Fischereitechnik verladen.
Am Folgetag wurde die Abfischung bzw. die Nachlese der Fische (vor allem Aale) aus den Restlöchern mit 5 Helfern fortgesetzt und die Fischereitechnik abtransportiert. Natürlich musste die gesamte Fischereitechnik hinterher gesäubert und gewartet werden. Das hat nochmals mehrere Tage in Anspruch genommen.
Das Ablesen und Umsetzen der Muscheln ging noch bis zum 14.11.2013. Sicherlich konnten nicht alle geborgen werden, insbesondere die, welche sich weiter im Gewässer befanden. Die Schlammschicht ist hier teilweise mehrere Meter stark und eine Bergung der Muscheln durchaus gefährlich.
Insgesamt lief die gut vorbereitete Notabfischung ohne Probleme, was auch die Anerkennung der Betreiber der Stauanlage fand.
Im Moment können wir optimistisch sein, dass die Talsperre Loßnitz im Frühjahr wieder angestaut wird. Der Fischbesatz wurde schon jetzt geplant und Karpfen, Schleien, Zander, Hechte und Weißfisch stehen bereits in den Überwinterungsteichen der Fischzucht Hickethier für das Frühjahr bereit. Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert und alles so eintritt wie geplant, kann in der Talsperre Loßnitz wieder ab dem Jahr 2015 geangelt werden.
Petri Heil
André Pleikies, Hauptgeschäftsführer LAVT