Ist das ein Tag zum Feiern? – Wie sieht die Situation für unsere heimischen Fischarten tatsächlich aus?
Das sind die ungeschminkten Tatsachen:
- Süßwasserfische gehören zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren!
- Untersuchungen der Weltnaturschutzunion (IUCN) belegen, Fische sind deutlich stärker gefährdet als Vögel oder Säugetiere!
- Nach Aussagen der IUCN sind 38 Prozent der Süßwasserfischarten Europas gefährdet oder vom Aussterben bedroht!
- 74 Prozent der heimischen Rundmäuler und Fischarten gelten in Deutschland als gefährdet oder bereits ausgestorben!
- Laut IUCN hat sich weltweit die Anzahl der ausgestorbenen oder gefährdeten Fischarten seit dem Jahr 2000 von 752 auf 2.343 erhöht!
- Der deutlich zu hohe Bestand einer Vielzahl von Prädatoren, insbesondere der viel zu hohe Kormoranbestand beeinträchtig die ökologische Vielfalt und gefährdet akut unsere heimische Fischfauna.
Wie sieht die Situation speziell in Thüringen aus?
Nur 16 von 43 in Thüringen vorkommenden Fischarten gelten als ungefährdet!
Damit ist der Großteil unserer heimischen Fischfauna in den stehenden und fließenden Gewässern im Freistaat Thüringen in ihrer Existenz bedroht. Ohne die intensiven Hege- und Besatzmaßnahmen durch die Angelfischerei wäre die Situation noch um ein Vielfaches dramatischer. Unzählige Studien und praktische Erfahrungen belegen seit langem die massiven fischereilichen, ökologischen und wirtschaftlichen Schäden, aber auch die negativen sozio-kulturellen Auswirkungen eines viel zu hohen Kormoranbestandes.

Es ist einfach unverantwortlich, dass trotz einer unumstößlichen Faktenlage, Fachbehörden, wie aktuell in Thüringen praktiziert, immer wieder eine einseitige, interessengeleitete und ideologisch geprägte Naturschutzpolitik betreiben und dies zum Nachteil der Allgemeinheit und eines nachhaltigen, verantwortungsvollen Biotop- und Artenschutzes.
Dabei wird des Öfteren darauf hingewiesen, dass es sich hier vor allem um die Umsetzung des im Naturschutzrecht (EU-, Bundes- u. Landesrecht) ausgewiesenen staatlichen Auftrages handelt. Doch wir kennen kein Gesetz, welches die massive Gefährdung bzw. Vernichtung der Fischfauna, auf Grund des Schutzes von Prädatoren mit einem vorzüglichen Erhaltungsbestand, fordert. Übrigens Gesetze konkurrieren regelmäßig miteinander und es gibt nicht allein nur das Naturschutzrecht z.B. das BNatSchG, sondern auch das Grundgesetz mit seinen Freiheits- Gleichheits- und Justizgrundrechten, die Eigentumsrechte, das Ordnungsrecht und auch das Fischereirecht, ein nach Artikel 14 GG, eigentumsgleiches Recht. Alle Rechte haben ihren Zweck in unserer Demokratie und da wo verschiedene Rechte bzw. Gesetze korrelieren, müssen gemeinsam Lösungen gefunden werden.
Doch eines darf und kann nicht sein, dass eine Seite z.B. über das Naturschutzrecht versucht, andere Rechte, Interessen und Nutzungen massiv zu beschränken oder zu verbieten. Und dies zum wirtschaftlichen oder sogar existenziellen Schaden der Betroffenen, welche ebenfalls Rechte haben, wie z.B. Eigentümer oder Pächter von Fischereirechten. Leider werden seit langem nicht nur Fakten und Studien zur Kormoranproblematik ignoriert. Nunmehr haben wir mit dem willkürlichen Außerkraftsetzen der Thüringer Kormoranverordnung für den Großteil der Thüringer Gewässer eine sehr gefährliche Situation erreicht, in welche das Vertrauen in die Politik und in den Rechtsstaat stark beschädigt wurde.
Wer entscheidet eigentlich, welche Tierart ein größeres Anrecht auf Leben hat?
Bitte schauen Sie sich das nachfolgende Video an, in welchem Sie die Vernichtung unserer heimische Fischfauna miterleben können. Dies geschieht regelmäßig an vielen Stand- und Fließgewässern in Thüringen.
Übrigens, wir verlieren wertvolle Zeit in der Auseinandersetzung, ob es in einer Kulturlandschaft, wo die meisten geschützten Prädatoren keine natürlichen Fressfeinde haben, andere Arten in ihrer Existenz gefährden, notwendig ist, zu hohe Bestände zu regulieren. Allein der normale Menschen- bzw. Sachverstand und eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der hier aufgezeigten Problematik müsste völlig ausreichen, um zu einer sachlichen Diskussion und einer im Interesse des Biotop- und Artenschutzes nachhaltigen Lösung bzw. Entscheidung zu kommen.
Unser Verband möchte alle Interessierten, welche sich für gesunde, artenreiche Gewässerlandschaften, einen verantwortungsvollen, nachhaltigen Biotop- und Artenschutz in einer entwickelten Kulturlandschaft sowie für das Gemeinwohl einsetzen, mit diesem kleinen Beitrag zum Tag des Fisches für das Thema Fischartenschutz sensibilisieren und um Unterstützung bitten. Ist es nicht ein erstrebenswertes Ziel, wenn auch nachfolgende Generationen in den Thüringer Gewässern Fischarten wie die Bachforelle oder Äsche bewundern können?!

Selbst in der früheren deutschen Kulturgeschichte inspirierte die heimische Fischfauna Dichter und Komponisten, so auch im Gedicht „Die Forelle“ von Christian Friedrich Daniel Schubart von 1783, vertont 1818 von Franz Schubert.
Die Forelle
In einem Bächlein helle,
Da schoß in froher Eil’
Die launige Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.
Ich stand an dem Gestade,
Und sah in süßer Ruh’
Des muntern Fisches Bade
Im klaren Bächlein zu.
Ende erste Strophe.
Beide wären heute sicherlich erschrocken, wie durch falsch verstandenen Artenschutz, wo eine durch Menschen künstlich geförderte überproportionale Entwicklung einer Art (siehe Kormoran) zur Gefährdung oder Ausrottung anderer Arten (siehe unsere heimische Fischfauna) führt. Ist das wirklich noch verantwortungsvoller Natur- bzw. Artenschutz?! – Diese Frage kann sich jeder selbst beantworten.
Wie sieht es nun mit unserer Bachforelle aus und wie notwendig sind nach wie vor Hege- und Besatzmaßnahmen
Auch zum Thema Fischbesatz sind bereits seit Jahrzehnten die vielfältigsten Studien und umfangreiche Fachliteratur/Schriftenreihen vorhanden. Wir müssen sie nur zur Kenntnis nehmen wollen! Verkürzt gesagt gibt es zwei unterschiedliche Ansätze, der eine, welcher Fischbesatz unter optimalen Lebensraumbedingungen bewertet und der andere, welcher die tatsächlichen Gewässerbegebenheiten und Störgrößen, wie den massiven Fischfraß durch Prädatoren, berücksichtigt.
Die Vorschläge von Kritikern des Fischbesatzes, welche, wenn überhaupt nur den Besatz mit Fischbrut erlauben wollen, sind nicht neu, jedoch nur unter ganz bestimmten, optimalen Nahrungs- und Lebensraumbedingungen praxistauglich. Viele Vereine und der Landesanglerverband Thüringen e.V. beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema sowie mit dem Besatz von Bachforellenbrut. Der Großteil der Bachforellenbrut wird bereits seit Jahrzehnten durch unsere Vereine und dem LAVT von den Thüringer Fischereiunternehmen bezogen oder im Rahmen eigener Schutzprogramme selbst erzeugt.
In der Praxis hat sich leider wiederholt bestätigt, dass allein über den Besatz mit Fischbrut, insbesondere bei Bachforellen, der Fischbestand in den meisten Gewässern nicht nachhaltig aufgebaut werden kann. Auf Grund des massiven Fraßdruckes verschiedener Prädatoren, wie Kormoran, Grau- und Silberreiher, Gänsesäger, Mink und zunehmend durch den Fischotter, sind unsere heimischen Fischarten akut in ihren Beständen bedroht.
Eine nachhaltige Fischhege, wie wir sie uns vorstellen und in Fachbüchern beschrieben wird, ist aktuell nicht oder nur bedingt möglich. Ohne regelmäßige Hege- und Besatzmaßnahmen, auch von Setzlingen und größeren Fischen, würden die Bachforellenbestände in vielen unserer Salmonidengewässer zusammenbrechen. Seit ca. 20 Jahren erreicht der überwiegende Teil der Bachforellen nicht mehr die Laichreife, da sie vorher von Prädatoren gefressen werden. Dies ist in der Praxis die Realität und wird von einer Vielzahl von Studien bestätigt.
Noch vor dem Jahr 2000 mussten wir in der Mehrzahl der Thüringer Salmonidengewässer deutlich seltener Bachforellen besetzen, da sich ausreichend laichreife Fische entwickeln konnten und diese oft mehrfach die Chance hatten abzulaichen. Dies, obwohl die Gewässer beangelt wurden. Im Ergebnis hatten wir früher einen deutlich besseren Fischbestand in unseren Salmonidengewässern und das trotz schlechterer Wasserqualität, ungenügender Durchgängigkeit und Gewässerstruktur.
Wir sollten uns beim Thema Fischbesatz endlich wieder ehrlicher machen und objektiv die Realitäten bewerten. Unsere Fließgewässer sind nun mal nicht unter einer Glaskugel geschützt und haben auf Grund einer Vielzahl zivilisatorischer Einflüsse nicht mehr die Ertragsfähigkeit, wie vor 200 Jahren. Selbst Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit und Gewässerstruktur werden daran nur bedingt etwas ändern. Wir leben in einer entwickelten Kulturlandschaft und auch Gewässer unterliegen einer vielfältigen Nutzung.
Wir tragen hier alle Verantwortung und das Thema Fischartenschutz bedarf einer aktiven Problemlösung. Eine wichtige Aufgabe hat dabei die fischereiliche Nutzung der Gewässer durch die Thüringer Angel- und Berufsfischerei. Die gesamte Thematik ist wenig dazu geeignet fragwürdige Problemfelder aufzumachen um weitere Studien zu akquirieren, das Rad zum zigsten Mal neu erfinden zu wollen und damit weiter unnötige Zeit für wirkliches Handeln zu verlieren. Es gibt umfangreiche, langfristige Erfahrungen und ein vielfältiges praktisches Wissen bei der fischereilichen Bewirtschaftung von Gewässern sowie der Hege und dem Schutz der Fischbestände. Auch die tatsächlichen Gründe für die Gefährdung unserer heimischen Fischarten sind seit langem bekannt.
Wir müssen die Realität und speziell die Ursachen für die Gefährdung unserer heimischen Fischfauna nur sehen wollen und nicht versuchen Studien, welche Fischbesatz unter „Laborbedingungen“ bewerten, als Grundlage zu nehmen. Zur Wahrheit gehört auch, dass nur über eine stabile, wirtschaftlich starke Berufs- und Angelfischerei der Schutz unserer heimischen Fischarten langfristig sichergestellt werden kann. Auch sollten wir nicht unterschätzen, die Berufs- und Angelfischerei Fischerei hat nicht nur eine lange Tradition, sondern gerade heute eine wichtige soziokulturelle und wirtschaftliche Bedeutung in unserer Gesellschaft. Sie vermittelt Lebensqualität, fördert den sozialen Zusammenhalt, leistet einen wichtigen Beitrag beim Arten- und Gewässerschutz sowie für eine gesunde Ernährung. Das alles sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzten.
Grundsätzlich sollte die Erzeugung von Fischbrut und Satzfischen vorrangig in den Händen von fachkundigen Fischereiunternehmen, welche unter Aufsicht der Veterinärämter/ Fischgesundheitsdienst stehen sowie langjährig erfolgreich betriebene Aufzuchtanlagen der Angelfischerei mit erfahrenem, fachkundigem Personal, bleiben. Wir haben seit langem massive Probleme im Fischartenschutz und eigentlich keine Zeit uns über die Notwendigkeit bzw. Förderfähigkeit von Fischbesatz zu streiten, so wie es leider immer wieder geschieht.
Um es deutlich zu sagen, der Landesanglerverband Thüringen e.V. sieht aktuell als einziger Anglerverband in Thüringen die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Förderung einer Vielzahl heimischer Fischarten und dies in verschiedenen Altersklassen, bis hin zu Laichfischen.

Bei vielen Fischarten, so auch bei der Bachforelle, benötigen wir dringend einen ausreichenden, stabilen Laichfischbestand. Schon heute fehlt es an geeigneten Bachforellenlaichern bzw. den notwendigen Kapazitäten für deren Haltung. Darum wären diesbezügliche langfristige Förderprogramme für ausgewählte Fischereiunternehmen, welche die entsprechenden Voraussetzungen haben, dringend angezeigt. Doch entscheidend für das zukünftige Überleben unserer heimischen Fischfauna, auch der Bachforelle, ist eine grundsätzliche Neuausrichtung in der Artenschutzpolitik, verbunden mit der dringend notwendigen, fachlich begleiteten Regulierung von Prädatoren.
Besonders große Verantwortung tragen die Interessengruppen, welche Arten in Thüringen ansiedeln, für welche in der heutigen Kulturlandschaft der notwendige Nahrungs- und Lebensraum nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden ist. Die Kosten und Folgen von Fehlentwicklungen im Artenschutz, welche maßgeblich durch politische und behördliche Entscheidungen verursacht werden, tragen letztendlich immer die Bürgerinnen und Bürger. Nicht nur für Fischereiunternehmen, sondern auch zunehmend für Anglervereine können die Folgen sogar Existenz bedrohend sein.
Wie sagte richtiger Weise Eric Schweitzer, Vorstandsvorsitzender von Alba Group:
„Bei allem, was man tut, das Ende zu bedenken, das ist Nachhaltigkeit.“
Aktuell sehen wir, was die Gefährdung unserer heimischen Fischfauna betrifft, einen Expresszug ungebremst auf eine Mauer zufahren. Verantwortung dafür tragen viele.
Dietrich Roese – Präsident
André Pleikies – Geschäftsführer