Zander auf die weiche Tour

Es war Anfang der achtziger Jahre, als eine Ködererfindung aus den USA das Angeln revolutionierte: Der erste Gummitwister als Angelköder war gegossen und an einem Haken montiert.

Diese Twister waren die Vorfahren aller heute bekannten Gummiköder und ihnen eilte ein Ruf wie Donnerhall voraus. Eine Art Wunderköder sollten diese Twister sein und imitierten doch eigentlich nichts weiter, als einen labbrigen Wurm. Als jedoch die ersten Köder zu uns über die damals noch vernagelte Grenze rutschten, waren sie eine echte Wunderwaffe und wurden nicht schlecht bestaunt und hoch gehandelt.

Mitte der neunziger Jahre erblickten dann immer mehr künstliche Gummitiere das Licht der Welt. In unzähligen Farben und Formen kommen sie heute daher und werden immer besser an das Beuteschema der Fische angepasst.

Die meisten Köder kommen aus den Staaten

Wer mit Gummiködern erfolgreich Angeln will, sollte ein wenig die Geschichte und die Herkunft solcher Köder kennen: Die meisten von ihnen stammen aus den USA und aus Japan. Zahlreiche Modelle werden auch in China produziert. Aber sie alle haben im Grunde einen Zielfisch: Den Schwarzbarsch! Auch die Gummiköder, die es bei uns in unseren Läden gibt, sind eigentlich Köder, die für das Schwarzbarschfischen entwickelt wurden. Angetrieben wird diese Entwicklung vor allem durch die großen Turniere und Wettbewerbe in den USA, bei denen es um sehr viel Geld geht. Bei den „Bassmaster Classics“, dem größten Turnier in den USA, beträgt allein die Siegprämie 500.000 Dollar. Ansporn genug, immer neue und noch bessere Köder zu entwickeln. Bei uns ist das Wettkampfangeln durch die Tierschutzgesetzgebung verboten. Allerdings hat diese Gesetzgebung Deutschland zu einem anglerischen Entwicklungsland gemacht. Denn nur durch den Ansporn, immer bessere Köder für den noch größeren Fisch zu entwickeln, gibt es immer neue Modelle, Farben und Formen.

Barsch und Zander sind Hauptzielfisch

Bei uns sind es der Flussbarsch und der Zander, die hauptsächlich mit den Gummiködern beangelt werden. Wer mit solchen Ködern den Stachelrittern nachstellt, sollte zunächst deren Lebensweise kennen: Ähnlich wie der Schwarzbarsch saugen Zander und Barsch ihre Beute an. Durch einen kurzen Unterdruck „spülen“ sie sich die Beute hinter die Kiemen. Deshalb sollten Gummiköder schon die Größe von 10 bis 12 cm haben, um einen ordentlichen Happen zu simulieren, aber dennoch aus einer sehr weichen Gummimischung bestehen, die Barsch und Zander beim Ansaugen quasi zusammenfalten können. Auch der gefischte Bleikopf sollte so leicht wie möglich gewählt werden, um den Fischen das Ansaugen der Beute zu erleichtern. Aus diesem Grund haben weder Barsch noch Zander ähnlich gefährliche Zahnreihen wie der Hecht. Der Zander saugt seine Beute an und kann sie mit den sogenannten „Hundszähnen“, einfach töten. Barsche und Zander leben in Gruppen. Nur die ganz kapitalen Exemplare ziehen als Einzelgänger durch unsere Gewässer. Mancher hat schon mal davon gehört, dass Barsche „petzen“. Das heißt, geht ein Fisch im Drill verloren, flüchten mit ihm auch alle anderen und es gibt keinen Biss mehr. Ein ähnliches Verhalten kann man bei Zandern beobachten. Vor allem nachts, wenn die Zander aktiv rauben, verpetzt uns der verlorene Fisch und es kehrt Ruhe ein, wo eben noch einige Fische auf Raubzug waren. Über Botenstoffe, die die Fische aussenden, die Flucht und Gefahr bedeuten, werden die Artgenossen gewarnt und meiden den Platz. Beim Zanderangeln mit Gummifischen muss man beachten, dass Zander nachtaktive Fische sind. Besonders gut an den „Glasaugen“ zu erkennen, die im Grunde wie Restlichtverstärker wirken. Im Dunkeln kann der Zander etwa zehn Mal so gut sehen wie wir. Wenn wir den Zander am Tage in tiefen Löchern und an abfallenden Kanten nachstellen, suchen wir die Fische im Grunde an ihren Ruheplätzen auf.

In der Mittagshitze wird geruht und nicht gejagt

Hier jagen sie nicht aktiv. Es ist auch einer der Gründe, warum immer wieder weiße und neongrüne Gummifische gut fangen: Sie gehen dem Zander bei seiner Mittagsruhe einfach auf die Nerven. Wie eine lästige Mücke, die wir nachts versuchen zu verscheuchen, so will sich auch der Zander den nervenden Eindringling vom Halse schaffen. Weil Fische aber nun keine Hände zum verscheuchen haben, wird nach dem Plagegeist geschnappt. Meistens sind das die Fische, die knapp gehakt am Stinger, dem sogenannten Angstdrilling hängen. Sicher nimmt der Zander auch an den Ruheplätzen einen angebotenen Köder als dankbaren Appetithappen an. Das ist aber eher in der kalten Jahreszeit der Fall und nicht die Regel. Wer aktive Zander befischen will, sollte sich nachts ans Wasser begeben und dann die Flachwasserzonen in See und Fluss aufsuchen. Manchmal ist das Wasser hier nur einen Meter tief, in dem auch kapitale Zander nachts auf Beutezug gehen und in der Dunkelheit einen dunklen oder naturfarbenen Köder nehmen, der nicht unbedingt am Grund angeboten werden muss und dabei nicht giftgrün oder weiß sein sollte. Wer das verstehen will, sollte sich einfach einmal einen dunklen Gummifisch nehmen und mitten in der Nacht von oben auf den Fisch schauen und ihn dann zum Vergleich gegen das Mondlicht halten und von unten betrachten. Ihr werdet feststellen, dass man aus der „Zanderperspektive“ die Silhouette eines dunklen Köders viel besser im Gegenlicht wahrnehmen kann als bei einem hellen Köder. Wer sich also mit den Lebensgewohnheiten und dem Fressverhalten der Zander beschäftigt, fängt auch nachts mit Gummifischen aktiv raubende Zander. Die beißen aber nicht mit einem leichten „Tock“, also dem Moment des Ansaugens des Köders. Nachts wird gefressen und da steigen auch Zander mitunter rabiater ein, als man es erwarten könnte. Und vor allem in den warmen Sommernächten diesen Jahres habe ich es erlebt, das auch Barsche nur noch nachts zu fangen waren, wenn sie aus ihren Ruheplätzen heraus kamen und aktiv an den Krautkanten auf Jagd gingen.

Thomas Bein, Chefredakteur des „Märkischen Anglers“