Der Landesanglerverband Thüringen e.V. (LAVT) hatte am Samstag, den 22. September 2018 zur obigen Fachtagung in die Galerie der Stadtwerke Erfurt eingeladen. Über 100 Teilnehmer aus den Fraktionen des Thüringer Landtages, den für Fischerei und Naturschutz zuständigen Ministerien, den unteren Jagd- und Fischereibehörden, dem Thüringer Gemeinde und Städtebund, der Fischereiwissenschaft, der Berufsfischerei, aus anderen Landesanglerverbänden, der Jagd und aus den Vereinen des LAVT besuchten diese Fachtagung.
Bedauerlich war jedoch, dass zu diesem so wichtigen Thema, wo Lösungen nur gemeinsam möglich sind, die Naturschutzvertreter des Thüringer Landesverwaltungsamtes und der Landesanstalt für Umwelt und Geologie nicht anwesend waren und es nur eine von 23 unteren Naturschutzbehörden geschafft hat, die Fachtagung zu besuchen.
Eröffnet wurde die Tagung durch den Gesch.ftsführer des LAVT, Herrn André Pleikies. Mit eindringlichen Worten wies er auf die zentrale Bedeutung der Kormoranproblematik und ihre negativen Auswirkungen auf den Erhalt und Aufbau eines artenreichen, heimischen Fischbestandes hin. Obwohl der Kormoran zu einer der am umfassendsten untersuchten Tierarten gehört, Nachweise über seine nachteiligen Auswirkungen auf ganze Gewässerökosysteme in zahllosen Untersuchungen nachgewiesen wurden und der Erhaltungszustand der europäischen Population seit über 10 Jahren als gesichert gilt, werden durch den organisierten und behördlichen Natur- bzw. Vogelschutz wirksame Maßnahmen einer dringend notwendigen Verringerung der Bestände blockiert. Mit dieser Tagung sollten weitere Mosaiksteine der Erkenntnis zusammengetragen und Vorschläge zur Kompensation der Schäden diskutiert werden. Herr Pleikies, welcher die Veranstaltung moderierte, wünschte dieser einen erfolgreichen Verlauf und vor allem eine lebhafte Diskussion.
Bestandteil der Fachtagung war eine anschließende Podiumsdiskussion zu den Schwerpunkten
- Diskussion zu den Vorträgen
- Erfahrungen aus Vereinen und Verbänden
- Bewertung der aktuellen ThürKormVO – was bringt diese für den Fischartenschutz?
- Umsetzung der EU – WRRL unter Berücksichtigung der Kormoranproblematik
- Fischhege/ Umsetzung der gesetzlichen Hegeverpflichtung & Kormoran (z.B. Umsetzung der Aalmanagementpläne etc.)
Namhafte Wissenschaftler und erfahrene Fachleute aus der Praxis referierten zu Fragen der Wirksamkeit und Grenzen von Fischbesatz, der Auswirkungen des Kormorans auf die heimische Fischfauna und die Gewässerökosysteme sowie über die Ideologien und Handlungsweisen des Naturschutzes, welche die Probleme für die heimische Fischfauna aktuell weiter verschärfen.
Vortrag 1: „Der Kormoran – sein Einfluss auf die Flusssysteme in Ostthüringen”
Referent: Herr Silvio Heidler: Ein inzwischen weit über Thüringen hinaus bekannter und gefragterTierfotograf. Seine fotografischen Spezialgebiete sind Tiere unserer Heimat/ Actionfotografie, thematische Spezialgebiete sind z.B. Kormorane. In seinem 90- minütigen Vortrag, eingerahmt von einer Vielzahl einmaliger Bilder aus dem Leben der Kormorane und ihrer Interaktionen mit der sie umgebenden Kulturlandschaft lagen die Schwerpunkte auf:
- der Vorstellung der Region Gera, Übersichtsaufnahmen zum Flusssystem Schlaf- und Fressplätzen, Hintergründen für Masseneinfälle bei Starkfrost und damit verbundene Zusammenhänge der Energiebilanz und dem zwanghafter Drang Futter zu finden. Probleme bei nicht tödlicher Vergrämung und daraus resultierendem vielfach erhöhter Energiebedarf!
- Anschaulich gemacht wurden Menschengemachte Zusatzprobleme wie z.B. Querverbauungen/ Altes Wehr Gera – 600 Barben am Tag fielen hier dem Kormoranfraß zum Opfer. Verhalten beim Neubau des Wehres – bekannter Fressplatz/ neues Wehr – neue Verhaltensweisen.
- Kormorane in der Fischzucht Altenburger Land – erstaunliche Erkenntnisse! Fischfänge/ Fischgrößen/ Fische im Hals/ Phänomen Herauswürgen von Fischen/ Verbreitung von Parasiten.
- Überleitung zu den Beobachtungen an den Brutkolonien in Mecklenburg – Vorpommern/ Brutplätze, Anzahl der Kolonien/ Zusammensetzung. Biologie der Vögel/ Lebensalter/ Anzahl der Eier/ Bilder aus den Kolonien/ Arten der Nester/ Fütterungen/ Verhalten. Toter Kormoran, aufgehängt an Angelschnur – starke Signalwirkung für Gegenseite!
- “Weisheiten des NABU” und deren Praxistauglichkeit. Weite Teile der niedergeschriebenen “Fakten” in der Praxis widerlegt/ Angenommene Fressfeinde des Kormorans, wie Waschbär oder Seeadler kaum erwähnenswert. Silbermöwe – hier besondere Beobachtungen auf Brutinseln mit Möwen – diese fressen keine lebenden Kormoranjungvögel, sondern nur tote Tiere.
- Bezug zu den Studien über Einfluss des Kormorans in Thüringer Flüssen/ reproduktionsfähiger Unterbau bei fast allen Fischarten fehlt! Irrglaube der Selbstregulation der Kormoranbestände bei weniger Nahrung. Überleitung Herkunft/ Wanderungen – hier die Wichtigkeit von Ringvögeln und deren Erkenntnisse/ Bilder Kolonie Norwegen/ Schlüsse auf das gesamteuropäische Kormoranmanagement/ zum Schluss “krasse Bilder” zum Nachdenken…
Mehr über Silvio Heidler und sein Schaffen kann man hier finden: http://natur-in-action.de/ Oder auch auf Facebook: https://www.facebook.com/Natur-in-Action-Naturfotografie-Silvio-Heidler-350115781809032/
Vortrag 2: „Fischereiliche Hegepflicht – neuere Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Grenzen von Besatzmaßnahmen“
Referent: Herr Daniel Hühn, Fischereiwissenschaftler, Doktorrand vom Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow http://www.ifb-potsdam.de/
Einleitend wurde der Umfang von Besatzmaßnahmen in Deutschland sowie die verschiedenen Formen und die damit verbundenen Ziele von Besatz erläutert. Herr Hühn stellte anhand von Studien mit Hechten und Karpfen aus dem Besatzfisch-Projekt die wesentlichen Einflussfaktoren für erfolgreichen Fischbesatz dar. Als wichtigsten Faktor (zum Teil auch die Besatzform bestimmend) wurde die Ausprägung der natürlichen Reproduktion der zu besetzenden Population dargestellt.
Findet eine natürliche Reproduktion der zu besetzenden Fischart statt, sind bei den meisten Fischarten keine bestandssteigernden Effekte durch Besatz zu erwarten, weil besetzte und wilde Artgenossen zur Regulierung der natürlichen Fischbestandsgrößen bis zur Tragekapazität dichteabhängige Sterblichkeit als juvenilen Lebensstadien und/oder dichteabhängiges Wachstum als adulten Lebensstadien erfahren.
Findet keine, oder eine sehr unvollständige, natürliche Reproduktion der zu besetzenden Population statt, ist Besatz erfolgreich und kann zu einer Bestandssteigerung führen.
Als zweiter wesentlicher Faktor wurde die öko-genetische Anpassung dargestellt. Um eine reduzierte Fitness der Satzfische zu vermeiden sollte auf genetische ähnliche, lokal angepasste und so wenig wie möglich domestizierte Fische als Besatzmaterial zurückgegriffen werden. Weil die Sterblichkeit mit zunehmender Fischlänge abnimmt, ist die Größe ebenfalls ein wichtiger Faktor (3.) für die Gestaltung erfolgreichen Fischbesatzes. Als vierter Faktor wurde die Ausübung des Besatzes selbst genannt. So kann Stress beim Transport der Fische oder/ aber nicht fachgerechtes Aussetzen der Fische zu Sterblichkeit führen, die den Erfolg von Besatz reduzieren. Die Akklimatisation der Satzfische in ihrem zukünftigen Gewässer erhöht die Überlebenschancen deutlich. Die vier vorgestellten Faktoren sind natürlich immer vor den Bewertungsmaßstäben der vorgestellten Besatzformen zu betrachten. Abschließend fasste Herr Hühn zusammen, dass Besatz eine Bekämpfung der Symptome (Bestandsrückg.nge, -verluste) von z.B. Habitatdefiziten oder Überfischungen, bekämpft, aber nicht deren Ursachen. Weiterhin kann Besatz in nicht natürlich reproduzierenden Beständen erfolgreich gestaltet werden, während Besatz in Beständen mit ausreichender natürlicher Reproduktion nicht zu einer nachhaltigen Bestandssteigerung führt.
Für erfolgreichen Fischbesatz sind folgende Prinzipien zu empfehlen:
- genetisch ähnliches Besatzmaterial,
- nur rekrutierungslimitierte Populationen besetzen,
- natürliche/naturnahe Aufzuchtbedingungen der Satzfische,
- Fische so klein wie möglich, aber so groß wie nötig (größer als ökol. Flaschenhals) besetzen,
- stressfrei aussetzen.
Zum Ende des Vortrages wurde eine Möglichkeit dargestellt, wie Gewässerbewirtschafter (Angelvereine) anhand von Fangstatistiken und Einheitsfängen im Rahmen von „kleinen“ eigenen Versuchen ihre Bewirtschaftungsmaßnahmen auf Erfolg kontrollieren können. Dabei gilt zu beachten, dass diese Vorhaben in einem Vergleich der Fischbestände vor mit den Fischbeständen nach Umsetzung der Maßnahme (z.B. Besatz) verglichen werden. Im Idealfall werden zusätzlich Kontrollgewässer begleitend betrachtet, in denen die Maßnahme nicht umgesetzt wurde.
Als weiterführende Literatur zum Thema wurde empfohlen
Baer et al. 2007. „Gute fachliche Praxis fischereilicher Besatzmaßnahmen.“ Schriftenreihe des Verbandes Deutschen Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler e.V., Heft 14. (Bezug: http://www.vdff-fischerei.de/fileadmin/daten/pdf-Dokumente/Veroeffentlichungen/Heft_14_Besatzmassnahmen_Baer_et_al__2007.pdf)
Arlinghaus et al. 2015. “Hand in Hand für eine nachhaltige Angelfischerei.“ Berichte des IGB, Heft 28/2015. (Bezug: http://www.ifishman.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/2014/Sonstige/14_besatzfisch_broschuere.pdf)
Arlinghaus et al. 2017. „Nachhaltiges Management von Angelgewässern: Ein Praxisleitfaden.“Berichte des IGB, Heft 30/2017. (Bezug: http://www.ifishman.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/2017/IGB_Bericht_30_2017_komp.pdf)
Vortrag 3: „Nachhaltigkeit und Effektivität von Besatzmaßnahmen als Bestandteil der fischereilichen Hege bei zunehmender Prädation durch Kormorane, Mink, Gänsesäger & Co.“
Referent: Dipl. Ing. Herr Johannes Schnell vom Landesfischereiverband Bayern e.V.
Themenbereiche des Vortrages waren (nachfolgend in Auszügen wiedergegeben):
- Verbandsstruktur der bayerischen Fischer
- Hege-Maßnahme Besatz
- Rechtliche Aspekte zur Hege
- Effektivität von Besatzmaßnahmen
- Fischereiliche Argumentation braucht Daten
- Beispiele aus Bayern (Kormoran, Fischotter)
- Fazit/Ausblick
Die rechtliche Ausgangslage für die Pflicht zur Hege ergibt sich aus den meisten Fischereigesetzen.
- Erhaltung und Förderung eines artenreichen und gesunden Fischbestands (BY)
- Pflege und Sicherung standortgerechter Lebensgemeinschaften (BY)
- Zur nachhaltigen Fischereiausübung gehört die Einhaltung der Regeln der guten fachlichen
- Praxis einschließlich der Anforderungen des §5 (4) des Bundesnaturschutzgesetzes. (BY)
Die meisten Gewässerbiozönosen sind durch eine große Zahl von internen und externen Störfaktoren als Lebensraum für Fische schon an der Obergrenze des Erträglichen belastet. Weitere Störfaktoren, wie die zunehmende Zahl bei Arten und Individuen von Prädatoren können zum Zusammenbruch ganzer Fisch-Populationen führen. Hegemaßnahmen können dabei zum einen aus Besatzmaßnahmen zur Kompensation der Verluste und zum anderen aus Managementmaßnahmen für die Prädatoren bestehen.
Nach der Analyse der Notwendigkeit ergibt sich die Frage nach der Eignung von Besatzfischen
- Besatzfische aus traditioneller Karpfenteichwirtschaft: bestens geeignet, extensiv, kennen Prädatoren, Fluchtverhalten (Karpfen, Hecht, Schleie, Zander)
- Besatzfische aus Salmonidenproduktion: je nach Haltungsbedingungen geeignet, ggf. mangels Kontakt eingeschränktes Fluchtverhalten bei Prädatoren (Forelle, Äsche, Huchen, Saibling)
- Fische aus Kreislaufanlagen: nur eingeschränkt geeignet! keinerlei Naturnahrung, sehr hohe Dichten etc. mangels Kontakt eingeschränktes Fluchtverhalten bei Prädatoren (Aal, Hecht, Zander, Wels)
Fischereirechte sind eigentumsgleiche Rechte. Aber gehören besetzte Fische dadurch dem Fischer (i.S.v. Eigentum)?
1. Natürliches Gewässer (incl. Baggerseen)
- Nein, durch die Einbringung wird der besetzte Fisch Bestandteil des Naturhaushaltes und somit zum herrenlosen Gut, – Für dieses herrenlose Gut gibt das Fischereigesetz dem Fischer lediglich ein Aneignungsrecht.
- Daher z.B. kein eigentumsrechtlicher Schadenersatzanspruch bei Fraß durch Räuber möglich!!!
2. Produktionsteich/Netzkäfig o.ä.
- Erwerbsmäßige Absicht (Produktion zur Existenzsicherung)
- Hier ist der Fisch Eigentum des Fischers
- Schadenersatzanspruch gilt grundsätzlich
Gerade weil an den Fischen kein Eigentumsrecht besteht, kann eine Argumentation über die Naturschutz-Schiene sinnvoll sein
- Zielartenkonflikte (Kormoran dezimiert bedrohte Fischarten)
- Abnahme der aquatischen Biodiversität durch unnatürlich hohe Prädation…
Rechtliche Anforderungen beim Management von Prädatoren
Rechtliche Differenzierung erforderlich. Unterliegt Prädator dem
– Jagdrecht?
– Naturschutz-/Artenschutzrecht?
Management mit Entnahme (Fallen, Abschuss) bedarf stets Einbeziehung der Jagd (jagdrechtliche Aspekte)
Bsp. Kormoran
- Unterliegt Artenschutzrecht
- Für Management in Bayern Artenschutzrechtliche Ausnahme-Verordnung (AAV)
- Abschuss nur durch/mit Erlaubnis von Jagdausübungsberechtigtem
Bsp. Fischotter
- Unterliegt Jagdrecht (ganzjähr. geschont) und Artenschutzrecht
- Management in Bayern über Fischotter-Management-Plan
- Management erfolgt über Landwirtschaftsministerium (in BY zust. Für Jagd)
- Effektivität von Besatzmaßnahmen bei Prädatoren-Präsenz?Angaben zu Besatz-Effekten häufig subjektiv
- Methodik schwierig/aufwändig
- Rechtliche Hürden für Untersuchungen (z. B. TierSchG)
- Es fehlen häufig belastbare Angaben/Zahlen zu
- Prädatoren
- Fischbestand
- Intensität weiterer Einflussfaktoren (Wasserkraftnutzung, Strukturmangel usw.)
- Referenzen (historische Bestandsangaben usw.)
- Möglicherweise begünstigt Besatz die Präsenz/Zunahme von Prädatoren (leicht verfügbare Beute)
- Daher Angaben bzgl. spezifischem Prädatoren
Fazit und Ausblick
- Zu vielen Prädatoren gibt es kaum verlässliche Zahlen (Gänsesäger, Silberreiher, Mink, Fischotter usw.)
- Beschaffung von verlässlichen, von allen Seiten akzeptierten Zahlen/Daten ist unerlässlich
- Sofern Managementmöglichkeiten bei Prädatoren bestehen: Bitte umsetzen!!
- Sammlung von Daten und Fakten bzgl. Prädatoren
- Beteiligung an öffentlichen Verfahren, die in irgendeiner Form Prädatoren zum Gegenstand haben, um fischereilich negativen Entwicklungen entgegenzusteuern, z.B.
- Nationale Verordnungen
- Aufstellung/Änderung von Naturschutzgebiets-Verordnungen
- Erstellung von Managementplänen (NATURA 2000-Gebiete usw.)
- Öffentlichkeitsarbeit
- Kommunikation (intern und extern)
- Allein die Fischereigesetze bieten aktuell keine hinreichend starke Rechtsposition (mehr), um die Bedürfnisse der Fischerei bzgl. Prädatoren sichern zu können
- Ohne die Erhebung belastbarer Daten sind Einflussmöglichkeiten der Fischerei auf Prädatoren begrenzt. Gute Daten kosten Geld!
- Die besten Daten nützen wenig, wenn die Angel- und Berufsfischerei beim qualifizierten Personal spart, das die Daten fachgerecht vertritt. Ehrenamt stößt bei Fachvertretung rasch an Grenzen!
- Mit guten Argumenten müssen wir nicht uns selbst, sondern die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit von Managementmaßnahmen bei Prädatoren informieren.
Zahlreiche ergänzende Publikationen u.a. zu den Themen Fischbesatz, Renaturierung von Gewässerlebensräumen, Prädatoren etc. können hier kostenlos herunter geladen werden: https://lfvbayern.de/downloads/publikationen
Vortrag 4: “Naturschutzbehörden und -verbände bremsen Lösungen des Kormoranproblems aus: Ideologie schlägt Fakten – langjährige Beobachtungen und Erkenntnisse aus Nordrhein – Westfalen (NRW)”
Referent: Herr Franz Josef Lohmar vom Verein Fischschutz contra Kormoran e.V.
Seit Jahren wird in NRW systematisch verhindert, dass die Auswirkungen der Kormoranschäden wissenschaftlich untersucht und belegt werden. Es ist beängstigend, wie sich dieses linientreue Verhalten durch die Landesverwaltungen in Nordrhein-Westfalen bis heute zieht und dies begleitet von den Naturschutzverbänden. Belastbare Untersuchungen anderenorts, eine lange Literaturliste werden schlichtweg ignoriert. Politiker und auch angerufene Gerichte beschwichtigen in ihren Entscheidungen mit den Worten „alles nicht bewiesen“, „alles nicht so schlimm“, „liegt nur an der schlechten Gewässerstruktur“. So geht das in NRW seit bald 20 Jahren und droht, auch die 2017 begonnene CDU/FDP-Regierungszeit, unbeschadet zu überdauern. Wissenschaftler des Ministeriums und des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) stehen bei dieser Vorgehensweise, so die Aussagen von Herrn Lohmar, offensichtlich im Zentrum. Die Fischereiverbände des Landes finanzieren eine Vielzahl ihrer Projekte aus der Fischereiabgabe. Dabei geschieht in NRW eine Mittelbewilligung nur im Einvernehmen mit den Naturschutzverbänden und dem Ministerium. Somit sind die Fischereiverbände alles andere als frei in Ihren Handlungsweisen, um den Skandal Kormoran zielgerichtet angehen zu können.
Anerkannte Naturschutzziele, wie Artenvielfalt und Biodiversität sowie die Interessen der Angler, Wirksamkeit von Fischschutzprogrammen (Aal, Lachs, Einsatz von Steuergeldern) spielen bei all dem faktisch keine Rolle! Es ist fatal, wie Wissenschaftler, teils verbeamtet und promoviert, offensichtlich so unter Druck stehen, ideologischen Vorgaben linientreu folgen und schlichtweg an Fakten vorbei agieren! Die Bezeichnung Kormoran-Skandal ist angesichts der Tragweite derartigen offensichtlichen Fehlverhaltens angemessen. Der Verein Fischschutz contra Kormoran e.V. hat mit den Aktivitäten seiner Mitglieder inzwischen zu diesen Zusammenhängen erstmals Öffentlichkeit und Transparenz geschaffen. Vielseitige Kontakte und aufhellender Schriftverkehr bis hin zu Dienstaufsichtsbeschwerden tragen dazu bei.
Falls Sie daran interessiert sind zu erfahren, warum vor allem in NRW gegen den Kormoran-Skandal, das unbestreitbar mit Abstand größte Problem unserer heimischen Fischarten, nichts Wirksames unternommen wird, wie immer wieder auf Zeit gespielt und verschleiernd agiert wird, dann sollten Sie hier http://contra-kormoran.de/category/chronologie/ weiter lesen.
Herr Lohmar und seine Vereinsmitglieder stellen sich regelmäßig die Frage, warum das Gros der Angler in NRW, gerade die sich in Naturschutzprojekten und in der Jugendarbeit engagierten, trotz der eindeutigen Enthüllungen durch den Verein Fischschutz contra Kormoran e.V., welche so bisher nirgends nachzulesen waren, noch immer nicht auf die Barrikaden geht. Oder die vielen ehrenamtlichen Helfer, nicht nur in NRW, die trotz ihres Engagements vergebens auf das Etablieren von Aal und Lachs im Rhein-System warten und neidisch z.B. nach Dänemark sehen.
Werden die Wasserwirtschaftler vielleicht doch endlich merken, dass Sie trotz der zig Baumaßnahmen im Rahmen der Umsetzung der Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL), wegen des unbegründeten, willkürlichen Kormoran-Vollschutzes faktisch in einem Hamsterrad laufen?! Das EU-Ziel von ökologisch guten Gewässern wird ohne die Lösung der Kormoranproblematik, so nie zu erreichen sein. Wer will letztendlich verantworten, dass trotz des Einsatzes vieler 100 Millionen Euro an Steuergeldern die Ziele des WRRL nicht erreicht werden?!
Mehr über den Verein „Fischschutz contra Kormoran e.V.“ gibt es hier: http://contra-kormoran.de/
Statement
Im Ergebnis macht die Fachtagung wiederholt deutlich, wie akut das Spannungsfeld zwischen dem fachlich nicht mehr zurechtfertigenden Schutz des Kormorans und dem durch diese Vogelart stark in ihrer Existenz bedrohten heimischen Fischfauna ist. Doch es geht mittlerweile nicht nur um die Fragen des Vogel- oder Fischartenschutzes, sondern wir stehen heute vor dem zentralen Problem, ob wir uns aus volkswirtschaftlicher, sozialer, kultureller sowie ökologischer Sicht einen derartig hohen Kormoranbestand überhaupt noch leisten können bzw. dürfen.
Es geht um eine wirkliche Chance zur Umsetzung der EU – Wasserrahmenrichtlinie und letztendlich um einen erfolgreichen Artenschutz in einer entwickelten Kulturlandschaft. Wir möchten nochmal in Erinnerung rufen, was die Hegeverpflichtung laut Thüringer Fischereigesetz beinhaltet:
§ 2 Fischereirecht und Hege
(1) Das Fischereirecht umfasst das Recht und die Pflicht, in einem Gewässer Fische zu hegen, die Befugnis sie zu fangen und sich anzueignen. Fische im Sinne dieses Gesetzes sind auch Neunaugen, Krebse und Muscheln. Sie sind in besonderem Maße zu hegen. Der Fischbestand ist entsprechend des ökologischen Zustands des Gewässers zu erhalten, aufzubauen und nach den sich aus diesem Gesetz ergebenden Grundsätzen der Fischerei zu hegen. Das Fischereirecht erstreckt sich auch auf Fischlaich, alle Entwicklungsstadien und Formen der Fische sowie Fischnährtiere. Die Verpflichtung zur Hege gilt nicht für Teichwirtschaften und Fischbehälter der Berufsfischerei.
(2) Ziel der Hege sind der Aufbau und die Erhaltung eines der Größe und Art des Gewässers entsprechenden heimischen artenreichen und ausgeglichenen Fischbestandes. Sie sichert den Schutz der Fischbestände vor Krankheiten und sonstigen Beeinträchtigungen, sowohl der Fische selbst wie auch ihrer Lebensräume. Die Frage, inwieweit die Fischereipächter im Freistaat Thüringen, unter Berücksichtigung der Kormoranproblematik, ihre gesetzliche Hegeverpflichtung überhaupt noch umsetzen können, muss, wenn wir ehrlich sind, mit einem deutlichen „NEIN“ beantwortet werden. Dies zeigt deutlich, wir benötigen dringend ein konsequenteres, verantwortungsbewussteres Handeln aller Verantwortlichen und neue, lösungsorientierte Konzepte. – „Ideologie schlägt Fakten“ ist ganz sicher kein Lösungsansatz und würde das Spannungsfeld zwischen Vogel- und Fischartenschutz weiter verschärfen.
Landesanglerverband Thüringen e.V.