Neue Aspekte zum europäischen Kormoran-Management

Neue Aspekte zum europäischen Kormoran-Management

Die negativen Auswirkungen des übermäßigen Bestandes von Kormoranen (Phalacrocorax carbo) in Europa, in Deutschland und in Thüringen sowie die möglichen Gegenmaßnahmen wurden bereits wiederholt dargestellt.

Wie jahrelange Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, verursachen die Fisch fressenden Vögel vor allem folgende Schäden in Aquakulturbetrieben sowie in den Fischbeständen zahlreicher Wildfischarten in den Binnengewässern und an den Meeresküsten:

  • Fischfraß der verschiedenen Fischarten unabhängig von ihren Mindestmaßen, Schonzeiten; Laichzeiten und ihrem Schutzstatus
  • Vernichtung wertvoller Satz- und Speisefische in Teichen und Anlagen der Aquakultur
  • Nahrungskonkurrenz gegenüber Raubfischen durch Vernichtung wichtiger Beutefische in den Gewässern
  • Dezimierung vieler Fischarten bereits vor dem Erreichen ihrer Laichreife
  • Belastungen und Energieverluste der Fische durch starke Scheuchwirkungen
  • Verletzungen der Fische mit umfangreichen Spätfolgen und Sekundärinfektionen
  • Übertragung von Fischkrankheiten in andere Gewässer
  • Verringerung der genetischen Vielfalt der Fische in den Gewässern
  • Schäden an der Vegetation in bestimmten Kormoranbrutgebieten

Angesichts der verheerenden Auswirkungen wurde auf Initiative des deutschen Abgeordneten Dr. Heinz Kindermann eine Entschließung „Über die Erstellung eines Europäischen Kormoran-Managements zur Reduzierung der zunehmenden Schäden durch Kormorane für Fischbestände, Fischerei und Aquakultur“ erarbeitet, die vom Europäischen Parlament am 4. Dezember 2008 mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde (2008/2177 INI). Darin wird deutlich gemacht, dass die Bestände des Kormorans im Gebiet der Europäischen Union schnell angewachsen sind. Ihre Gesamtpopulation hat sich in den letzten 25 Jahren verzwanzigfacht und liegt heute bei einer Mindestschätzung von 1,7 bis 1,8 Millionen Vögeln. Dadurch kommt es in vielen Mitgliedsstaaten zu nachweisbaren und nachhaltigen Schäden. Es wird betont, dass die Umsetzung eines ökosystemorientierten Ansatzes zur Bewirtschaftung der Meeres-, Küsten- und Binnengewässer einer ausgewogenen Politik bedarf, die einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Zielen des Vogelschutzes und der Erhaltung einer vielfältigen Vogel und Fischfauna sowie den Interessen von Fischern und Teichwirten an der wirtschaftlichen Nutzung der Fischbestände sichern kann. Die Verordnung (EG) Nr. 1100/2007 des Rates mit Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestandes des Europäischen Aals wird als ein Beispiel für eine solche ausgewogene Politik angeführt.

Neue Aspekte zum europäischen Kormoran-Management
© Dieter Schütz – pixelio.de
Neue Aspekte zum europäischen Kormoran-Management
Ein von Kormoran angehakter Karpfen

Die Gefahren der überproportionalen Zunahme von Schäden werden umso größer, je mehr sich die Zahl der Kormorane der Tragfähigkeitsgrenze großflächiger Gewässer nähert. Außerdem wird die Wirksamkeit lokaler Abwehrmaßnahmen stark eingeschränkt, weil die Kormorane als Zugvögel weite Wanderungen unternehmen. Obwohl die Mitgliedsstaaten Möglichkeiten zur Begrenzung der durch Kormorane verursachten Schäden haben, kann ein nachhaltiges Management der Bestände nur durch ein koordiniertes Vorgehen in der Europäischen Union gesichert werden, wie das die am 4. Dezember 2008 vom Plenum des Europäischen Parlaments angenommene Entschließung mit 13 wichtigen Forderungen verdeutlicht. Mit der Forderung 7 wird die Europäische Kommission eindeutig zum Handeln aufgefordert: „Das Europäische Parlament fordert die Kommission auf, einen mehrstufigen europäischen Bestandsmanagementplan für Kormorane vorzulegen, der die Kormoranbestände langfristig in die Kulturlandschaft integriert, ohne die Ziele von Vogelschutzrichtlinie und Natura 2000 im Bereich der Fischarten und Gewässerökosysteme zu gefährden.“

Am 29. Januar 2009 fand eine Beratung von Vertretern aus den EU-Mitgliedsländern statt, die sich mit den Ergebnissen einer zuvor durchgeführten Telefonumfrage zur Kormoransituation in Europa befasste. Im Ergebnis der Beratung wird die Meinung vertreten, dass aufgrund der unterschiedlichen Konfliktsituationen mit Kormoranen in den verschiedenen Regionen eine Koordinierung nationaler Maßnahmen wirksamer wäre als die Schaffung eines EU-weiten Managementplanes.

In einer weiteren Beratung am 31. März 2009 in Brüssel berieten 50 Teilnehmer aus den Bereichen des Natur- und Vogelschutzes sowie der Fischerei der Mitgliedsstaaten u.a. folgende Fragen: Wie werden Bestandseingriffe vorgenommen, was ist gute Praxis, und wie kann sie verbessert werden? Wie können die Mitgliedsstaaten Managementpläne durchführen, und wie kann das gefördert werden? Die Europäische Angler Allianz (EAA) legte dazu ein umfangreiches Positionspapier über Methoden zum Monitoring der Kormoranpopulation vor. Darin wird die Notwendigkeit betont, ein geeignetes Modell für die Bestandsabschätzung zu entwickeln, weil die Kormoranpopulation weit größer als die Zahl der Brutvögel ist. Von anderer Seite wurde darauf hingewiesen, dass Schäden durch Kormorane nur in einigen Ländern auftreten und die Europäische Union die Aktionen der betroffenen Mitgliedsstaaten fördern will. Letztlich wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass Fische nicht schutzlos bleiben dürfen und hohe Kormoranzahlen z.B. starken Fraßdruck auf den Aal ausüben. Als brauchbare Maßnahmen für das Kormoranmanagement werden z.B. dargestellt:

  • Störung einer großen Zahl von Brutkolonienin ganz Europa während der Brutsaison in den kommenden 10 Jahren, wodurch der Bruterfolg entscheidend reduziert wird.
  • Gleichzeitig können Abschüsse oder Verscheuchen der Vögel in der Nähe von Gewässern, in denen der Aal zu schützen ist, unterstützend wirken.

Im Gesamtergebnis der Beratung wird deutlich, dass die EU-Kommission derzeit offensichtlich nicht gewillt ist, die Forderungen, die vom Europäischen Parlament in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Empfehlungen der European Inland Fisheries Advisory Commission gestellt wurden, zu erfüllen. Dem Demokratieverständnis wird mit dieser Haltung der EU-Kommission kein guter Dienst erwiesen.

Die bisher erfolglose Umsetzung der Forderungen des Europäischen Parlaments wird inzwischen von einer regelrechten Kampfansage gegen die Fischerei durch den Naturschutzbund Deutschland (NABU) und den Landesverbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) übertroffen, die den Kormoran am 9. Oktober 2009 zum Vogel des Jahres 2010 wählten. Abgeordnete des EU-Parlaments und des Deutschen Bundestages sowie die Fischereiverbände haben gegen diese Kür des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010 deutlich Stellung bezogen. Sie betrachten die Wahl als pauschalisierend, ungenau, unzutreffend und damit schlichtweg falsch. Sie ist eine Provokation, die Zweifel an der Kompetenz des NABU und LVB aufkommen lässt.

Der Kormoran befindet sich in Deutschland und Europa in einem hervorragenden Erhaltungsstatus der spezielle Schutzmaßnahmen nicht rechtfertigt. Durch seine starke Vermehrung und Ausbreitung in Regionen, die er vorher nicht besiedelte, ist er zu einer Tierart geworden, die nachhaltige Schäden in der Kulturlandschaft und insbesondere an den Fischpopulationen verursacht. Darüber hinaus kommt es zu erheblichen soziokulturellen und wirtschaftlichen Verlusten für die Fischerei und damit für die menschliche Gesellschaft.

Angesichts der vorliegenden wissenschaftlichen Fakten ergibt sich die Notwendigkeit für wirksame regulierende Maßnahmen in Form eines europaweiten Kormoran-Managements, das die Interessen aller Seiten berücksichtigt. Dieses Ziel muss auf allen Bereichen weiter verfolgt werden. Bis es der Fischerei mit Unterstützung der Politik gelingt, die dringend notwendige europäische Lösung des Kormoranproblems umzusetzen, bestehen in den EU-Mitgliedsländern nur die beschränkten nationalen Möglichkeiten. Gem. einem Diskussionspapier der Europäischen Kommission vom 5. August 2009 zum Entwurf eines Leitfadens über Ausnahmemöglichkeiten nach Artikel 9 der europäischen Vogelschutzrichtlinie, sollte dort wo es gerechtfertigt ist und keine anderen Lösungen existieren, von diesen Ausnahmeregelungen voller Gebrauch gemacht werden.

Anglerschaft verärgert: Kormoran ist „Skandalvogel des Jahres 2010“

Am Freitag, den 9. Oktober 2009, wurde der Kormoran von Naturschutzorganisationen in Deutschland (NABU/LBV) und später auch in Österreich (BirdLife) zum Vogel des Jahres 2010 gewählt. Diese Entscheidung stößt in der Anglerschaft auf pures Unverständnis. Bislang wurde mit dem „Vogel des Jahres“ auf schützenswerte Arten aufmerksam gemacht, die durch ihre Ernennung in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt wurden. Beim Kormoran ist das gänzlich anders.

Mit der Wahl eines reinen Fischfressers, dessen Population in Europa mangels natürlicher Feinde bereits die 2-Millionen-Grenze überschritten hat, stellen sich NABU, LBF und BirdLife gegen die gesamte Fischerei in Deutschland und Österreich. Deshalb, und aus verschiedenen weiteren Gründen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich bei der Ernennung des Kormorans zum „Vogel des Jahres 2010“ um eine gewollte Provokation handelt.

Der Verband Deutscher Sportfischer und der Deutsche Anglerverband haben kurz Bekanntgabe eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie deutliche Worte finden.

Heftige Reaktionen bei der Fischereiverbänden auf NABU-Nominierung für “Vogel des Jahres 2010”

Der Kormoran wird Vogel des Jahres 2010 – besser kann man nicht dokumentieren, dass NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) sich außerhalb jeglicher Vernunft und insbesondere außerhalb demokratischer Normen bewegen. Am 4. Dezember 2008 haben mehr als 96 % aller Abgeordneten des Europäischen Parlamentes aus allen 27 Mitgliedsstaaten dafür gestimmt, wegen der extremen Populationszunahme des Kormorans in den letzten 20 Jahren ein europäisches Kormoranmanagement zu prüfen. Diese MdEP sind ausgestattet mit dem demokratischen Votum der Bewohner von 27 Mitgliedsstaaten: für NABU und LBV gilt das nicht, es ist für sie uninteressant, was die demokratisch gewählten Volksvertreter beschließen. Sie sind in den Augen von NABU-Funktionären anscheinend zu dumm, den wahren Sachverhalt zu begreifen, nur NABU und LBV allein haben den Durchblick.

In den einzelnen Bundesländern konnten im jahrelangen Kampf gegen eben solche Fundamentalisten und Negierer von Wahrheiten wie NABU und LBV Verordnungen zum Schutz der Fischbestände in den Teichanlagen, wo die Betreiber durch Kormoranfraß an den Rand des Ruins getrieben worden sind, Einhalt geboten werden. In den Bächen, Flüssen und Seen konnten Arten, die durch den Kormoran zum Beispiel in den bayerischen Gebirgsflüssen zu 96 % (Äsche) ausgerottet worden sind, mit viel Mühe und großem finanziellem Aufwand wieder etwas besser geschützt werden.

All diese Verordnungen wurden durch gewählte Volksvertreter und in der Umsetzung durch die jeweils regierenden Parteien in den entsprechenden Ministerien nach jahrelangem Nachweis der realen Schäden beschlossen.

Für NABU und LBV noch lange kein Grund demokratisch gefasste Beschlüsse und Regelungen anzuerkennen.

Vielmehr werden erneut völlig unverfroren Unwahrheiten sowohl zum Kormoran als auch zu den Schäden und insbesondere zum Fraßverhalten dieser zweifelsfrei in unsere Vogelwelt gehörende Spezies veröffentlicht. Er gehört in unsere Tierwelt, er hat eine Existenzberechtigung, aber er hat eben so wenig wie jede andere Art das Recht, andere Arten auszurotten, nur weil er Federn hat.

NABU und LBV schrecken selbst vor so großen Lügen nicht zurück, dass „Edelfische“ wie Äschen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge nur geringere Anteile in der Nahrung ausmachen und deshalb kein Schaden eintreten könne. Die TU München hat den aus dem Kormoranfraß resultierenden Schaden bei Äschen mit 96 % sicher wissenschaftlich bestimmt.

Es interessiert sie auch nicht, dass mehr als 90 % aller typischen Fließgewässerfischarten auf der Roten Liste stehen und es ficht solche Kreise auch nicht an, wenn durch derartige Aktionen, wie sie nunmehr durch NABU und LBV initiiert werden, die Ausrottung noch viel schneller geht. Aber sie nennen sich Naturschützer.

Dabei betreiben sie vielmehr ein sehr abscheuliches Spiel, indem sie … „wirtschaftlich unbedeutende „Weißfische“ wie Rotaugen, Brachsen und andere Kleinfische … zur radikalen Dezimierung durch den Kormoran frei geben; schließlich ist es ja kein so bedeutendes Leben wie bei einem „Edelfisch“.

Das Benennen des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010 ist ein Schlag in das Gesicht aller Demokraten und wirklichen Naturschützer. Es ist der hoffentlich letzte Versuch, das Rad der Entwicklung zurückzudrehen.

„Wir als die wirklichen Schützer der Natur werden auch in Zukunft viel Geld in die Hand nehmen und viel Zeit opfern, um die Artenvielfalt in den Gewässern, wie schon in den letzten 20 Jahren praktiziert, hoch zu halten, wir werden auch Arten, die keinerlei wirtschaftliche Bedeutung haben, wieder heimisch machen und wir werden insbesondere die Politiker und die politischen Parteien bitten, dieser Negation der Demokratie Einhalt zu gebieten, damit Recht, Ordnung und Sachverstand auch bei NABU und LBV wieder eine Heimstatt finden“ fassen die Präsidenten des VDSF und des DAV Peter Mohnert und Prof. Dr. Werner Steffens die große Verärgerung der Angler und Berufsfischer in Worte.

Offenbach und Berlin, den 9.10.2009

Stimmen zur Entscheidung des Europaparlaments

Europaabgeordnete zeigen sich erfreut über große Mehrheit für EU-weit koordiniertes Kormoranmanagement. Auszugsweise veröffentlichen wir Ihre Stellungnahmen zum Abstimmungsergebnis.

Wie berichtet, hat sich das Europäische Parlament am 4. Dezember 2008 mit einer überwältigenden Mehrheit von 96 Prozent für einen „Europäischen Kormoran-Managementplan zur Reduzierung der zunehmenden Schäden durch Kormorane für Fischbestände, Fischerei und Aquakultur“ ausge- sprochen. Die Abgeordneten haben damit den Bericht von Dr. Heinz Kindermann (SPD) angenommen. Der VDSF, die EAA, insbesondere Dr. Franz Kohl vom Österreichischen Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz und EAA-Generalsekretär Jan Kappel haben daran tatkräftig mitgearbeitet. Über 50 nationale und internationale Organisationen hatten das Vorhaben unterstützt. Im Vor- feld der Abstimmung hatten VDSF und EAA Mitglieder des Europaparlaments und Vertreter der europäischen Fischerei zu einem parlamentarischen Abend in die Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union eingeladen. Es ist nunmehr zu hoffen, dass die EU-Kommission, zum Nutzen des Artenschutzes und der Biodiversität in und an unseren Gewässern, zügig den Auftrag des Eu- ropäischen Parlaments umgesetzt. Ein Schritt in diese Richtung könnte eine für Ende Januar von der Kommission angesetzte Konferenz sein, an der ausschließ- lich Regierungsvertreter der EU-Mitgliedstaaten teilnehmen.

Dr. Heinz Kindermann (SPD), Initiator „Gesamteuropäischer Kormoranmanagementplan“

„Die breite Unterstützung über alle Par- teigrenzen hinweg zeigt, dass der Kormo- ran in vielen Regionen ein echtes Problem darstellt. Durch verstärkte Koordinierung, Kooperation sowie Kommunikation aller betroffenen Gruppen kann die EU einen entscheidenden Beitrag zur Lösung des Problems leisten.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass auf Grund der großen Mobilität des Kormo- rans regionale oder nationale Maßnahmen nicht ausreichen, um die negativen Folgen durch Kormorane für die Tier- und Pflanzenwelt zu reduzieren“, erklärte der Be- richterstatter. Ein gemeinsamer, rechtlich verbindlicher und am Ökosystem orien- tierter Ansatz, der europaweit akzeptiert und umgesetzt wird, sei daher unbedingt erforderlich und würde nicht zuletzt allen beteiligten Gruppen mehr Rechtssicher- heit garantieren.

„Das Europäische Parlament hat seine Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die Europäische Kommission gefordert“, so Dr. Kindermann weiter.

Jo Leinen (SPD)

Der saarländische Europaabgeordnete Jo Leinen betonte dass die massive Vermeh- rung der Kormorane in den letzten Jahren zu immer größeren Schäden bei den Fisch- beständen und damit zur Bedrohung von Existenzen im Fischereigewerbe geführt habe. Allein im Saarland beliefen sich die Schäden auf 500.000 EUR pro Jahr. „Das Kormoranproblem ist ein europäisches Problem, das auch nur durch ein koordiniertes europäisches Vorgehen gelöst wer- den kann“, machte Leinen deutlich. Statt der europaweiten Freigabe der Jagd auf Kormorane schlägt das Europäische Parlament eine europaweite Eindämmung der Brutgebiete vor. „Dieser Vorschlag verbin- det die Interessen der Naturschützer mit den Interessen der Naturnutzer“, sagte Leinen. „Die saarländischen Fischereiver- eine sollten mit den Nachbarverbänden in Lothringen und Luxemburg gemeinsam ein Konzept zum Kormoranmanagement erarbeiten, auch um eine Verlagerung des Problems von einer Region in eine andere zu verhindern“, erklärte Leinen.

Albert Deß (CSU)

„Ich freue mich, dass das EU-Parlament hier Flagge zeigt und die EU-Kommission zum Handeln auffordert. Es ist unverständlich, wenn Vertreter der EU-Kom- mission immer noch behaupten, dass nur Deutschland und Frankreich nennenswerte Kormoranschäden zu beklagen ha- ben, weshalb ein EU-weiter Regulierungsplan beim Kormoran nicht notwendig sei. Nur mit einem abgestimmten Vorgehen auf EU-Ebene kann auf die stark zunehmende Populationsentwicklung reagiert werden. Bei derzeit rund zwei Millionen Exemplaren in der EU und Osteuropa besteht dringend Handlungsbedarf. Zu einer verantwortungsvollen Naturschutzpolitik gehört es auch, regulierend einzugreifen, wenn natürliche Lebensgrundlagen anderer Tiere empfindlich gestört sind. Ich fordere die EU-Kommission auf, sinnvolle Vorschläge für einen EU-weiten Kormoran-Managementplan vorzulegen.“

EU-Minister wollen Fischbestände besser schützen

Die für Fischerei zuständigen Minister der Europäischen Union haben bei einem Treffen am 29. September in Brüssel signalisiert, die in Europas Gewässern noch vorhandenen Fische besser zu schützen. Angesichts der dramatischen Überfischung verständigten sich die zuständigen Minister auf eine Reform der EU-Fischereipolitik. Hauptziel der Reform ist die Verklei- nerung der europäischen Fischfangflotte. EU-Fischereikommissar Joe Borg aus Malta betonte, es gebe nach wie vor eine ÜberfischungvonsignifikantemAusmaß: 80 Prozent der europäischen Fischbestän- de seien noch immer überfischt. Borg sprach von einem Teufelskreis aus Überkapazitäten bei der Fischereiflotte und schwindenden Beständen. Dieser Teu- felskreis müsse mit der Reform ein für allemal durchbrochen werden. Doch dies sei nur in Zusammenarbeit mit den Fi- schern möglich, erklärte der französische Landwirtschaftsminister Michel Barnier. Ohne oder sogar gegen die Fischer wäre diese Politik ein vergebliches Unterfangen. Deshalb werde man sich Zeit nehmen, die Fischer anzuhören, ebenso wie die Umweltschutz-Verbände und Wissenschaftler. Nach dem vereinbarten Zeitplan sollen die 27 EU-Staaten und das Europaparlament das Reformpaket 2011 verabschieden. Im folgenden Jahr könnte es dann in Kraft treten.

Fischerei Kontrollverordnung der EU – Kontroverse um Artikel 47

Die gemeinsame Fischereipolitik hat uns überfischte Meere beschert. Das will die EU nun neben anderem mit der Einrichtung eines funktionierenden und wirk- samen Kontrollsystems in Form einer Fischerei-Kontrollverordnung ändern. Eine Ausweitung der Kontrolle auf die Angelfi- scherei in der Union ist für uns Angler aber unannehmbar. Das sieht das Europäische Parlament wohl ebenso. Am 22. April hat- ten die Parlamentarier einen Bericht zur Kontrollverordnung für die Fischerei mit großer Mehrheit angenommen. Allerdings ist im Parlament zuvor debattiert worden, inwieweit die Freizeitfischerei in das Mengenmanagement für Fischbestände einbezogen werden muss. Die Fangmengen der Freizeitfischerei können nach Ansicht des Parlaments zwar von den Mitgliedstaaten beobachtet und bewertet werden, jedoch sollten nur bei erheblichen Einflüssen auf die Bestände die Fangmengen auf die Quoten der Mitgliedsstaaten angerechnet werden. Da über den vorgelegten Bericht aber lediglich im Rahmen eines Anhö- rungsverfahrens abgestimmt wurde ist er für den EU-Ministerrat nicht bindend sondern stellt lediglich die Meinung des Parlaments dar.

Der VDSF und die EAA (European Anglers Alliance) hatten im Vorfeld der Parlamentsentscheidung unermüdlich am Thema mitgearbeitet, Anmerkungen und Einwände gemacht.

Im November 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine neue Kontrollverordnung im Fischereisektor. Die neue Verordnung, die 116 Artikel beinhaltet, schlägt zum ersten Mal eine Einbeziehung der Sportfischerei vor (Artikel 47). Angler und Betreiber von Angelkuttern in ganz Europa waren verunsichert, da der Inhalt des Artikels, wenn befürwortet, möglicherweise eine Einführung von Logbüchern, Anmeldung von Fischfängen, Boot- und Angelgenehmigungen, Schreibarbeit, Lizenzen, und Fischfangquoten zur Folge haben könnte. Es ist offensichtlich: Statt einer Verbesserung der Fischbestände bringt der Artikel 47 der neuen Kontrollverordnung lediglich eine Vielzahl neuer Kontrollvorschriften, die an den bestehenden Miss- ständen nichts ändern und letztendlich nur zu einem mehr an Bürokratie führen.

VDSF und EAA Präsident Peter Mohnert hatte deshalb unter anderen EU – Fischereikommissar Joe Borg, Bundeslandwirt- schaftsministerin Ilse Aigner sowie den „EU-Entbürokratisierer“ und ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber angeschrieben, seine Befürchtungen zum Ausdruck gebracht und um Klarstellung gebeten.

Zusammen mit dem Deutschen Anglerverband hatte der VDSF auch eine gemeinsame Erklärung zur geplanten Überwachung der Freizeitfischerei veröffentlicht, in welcher sich beide Verbände klar gegen den Artikel 47 und insbesondere gegen die Anrechnung der Anglerfänge auf die Quote der Berufsfischerei ausgesprochen hatten (siehe Fischwaid, Ausgabe 2 / 2009 und www.vdfs.de). Auch der Generalsekretär der European Anglers Alliance, Jan Kappel, hat sich in permanenter Abstimmung mit dem Präsidenten an die Europäische Kommission gewandt und die vorläufige Streichung des Artikels 47 oder die Herausnahme der Angelfischerei von der vorgeschlagenen Regelung gefordert. Ebenso ist er mit dem Thema, mit Erfolg, bei einer Vielzahl von Europa- abgeordneten vorstellig geworden.

Der Fischereiausschuss des Europaparla- ments hatte daraufhin am 31. März eine überarbeitete Fassung des Berichts angenommen, der rund 290 Anmerkungen der Ausschussmitglieder einbezog. Beinahe hätte der Fischereiausschuss vorgeschla- gen, dass Artikel 47 gesamt gestrichen werden solle. Ganze 5 Stimmen fehlten. Der vom Europaparlament verabschiedete Verordnungs-Text, wie er jetzt vorliegt bevor er von der Kommission und den Minister abgeändert wird, schließt erstmals explizit die Freizeitfischerei ein. Beispielsweise heißt es in Artikel 47:

Freizeitfischerei, die von Bord eines Schiffs in Meeresgewässern der Gemeinschaft auf einen Bestand betrieben wird, für den ein mehrjähriger Wiederauffüllungsplan gilt, kann von dem Mitgliedsstaat, in dessen Gewässern sie erfolgt, evaluiert werden. Die Fischerei, die mit Handangeln von Land aus betrieben wird, ist davon ausgenommen

Wird festgestellt, dass eine Freizeitfischereitätigkeit erhebliche Auswirkungen hat, so werden die Fänge auf die betreffende Quote des Flaggenmitgliedsstaats angerechnet. Der betreffende Mitgliedsstaat kann einen Anteil seiner Quote festsetzen, der ausschließlich für die betreffende Freizeitfischerei genutzt wird.

Der gegenüber der ursprünglichen Version abgeänderte Text kommt den Anglern jetzt mehr entgegen. Er schließt die Angelfischerei vom Meeresufer aus und be- zieht die Sportfischerei nur bei den Fischbeständen für die es Erhaltungspläne gibt ein (derzeit Dorsch und Blauflossenthun). Die Parlamentarier haben auch an einigen Stellen “soll” mit “kann” ersetzt, um her- vorzuheben, dass ihnen daran liegt, dass die Mitgliedsst aaten viel selbstständig entscheiden und verwalten sollen. Grundsätzlich könnte die Verordnung aber auch die Einführung eines unrealisti- schen Kontrollsystems bedeuten, bei dem der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.

VDSF Präsident Peter Mohnert hat deshalb dringenden Klärungsbedarf gesehen und auch erhalten.

Fischereikommissar Borg wird übrigens am 17. Juni zu einer im Bundesministe- rium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin erwartet um über die Vorhaben der EU Kommission vor Ort zu diskutieren. Bei der Unterre- dung wird auch der VDSF anwesend sein der auch weiterhin energisch für die Strei- chung des Artikels 47 eintritt. Dazu hat er viele Mitstreiter gefunden. Das zeigt bereits die Tatsache, dass zu Artikel 47, obwohl er nur die Angler betrifft, mehr Eingaben, Hinweise und Vorschläge ein- gegangen sind als zur gesamten Verordnung.

Dr. Stefan Spahn

In einem Brief an Peter Mohnert vom 30. April schreibt EU-Fischereikommissar Joe Borg:

„Unser Vorschlag hat nicht zum Ziel, wie in der gewerblichen Fischerei Fangquoten und Kontrollen für jeden einzelnen Hobbyangler festzulegen. Wir schlagen lediglich vor, in der Freizeitfischerei auf See für einige wenige und genau begrenzte Bestände, die sich in einem biologisch schlechten Zustand befinden – die sogennanten erholungsbedürftigen Bestände – einige grundlegende Anforderungen an Genehmigungen und Berichterstattung einzuführen.

Bei Betrachtung der praktischen Auswirkungen unseres Vorschlags ist zu berücksichtigen, dass Freizeitfischer derzeit nur zwei Arten befischen, für die entsprechende Wiederauffüllungspläne gelten, nämlich Blauflossenthun und Dorsch / Kabeljau.

Natürlich fischen Sie auch Seebarsch, Lachs und viele andere Arten, für diese gibt es aber keine Wiederauffüllungspläne, so dass sie auch nicht in den Geltungsbereich unseres Vorschlags fallen. Insofern sind die allermeisten Angler von unserem Vorschlag nicht betroffen.

….Ferner will ich darauf hinweisen das ein Freizeitangler, selbst wenn er ei- nen erholungsbedürftigen Bestand befischt, auf den die Freizeitfischerei eine wesentliche Auswirkung hat, von der Kontrollverordnung nicht unbedingt betroffen ist. Fängt er z.B. eine geringfügige Menge Kabeljau, etwa zum Privatgebrauch, so fällt er nicht unter die Kontrollverordnung“ .

Gefährdung der heimischen Fischfauna in Thüringen

Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir im Nachgang für unsere Vereine die neue Thüringer Kormoranverordnung vom 9. Dezember 2008.

Bereits 1998 gab es in Thüringen zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt Regelungen zur Eindämmung der Kormoranpopulation. Doch diese waren mit der Zunahme der Kormorane und einer weiteren Ausweisung von Schutzgebieten in Thüringen nicht mehr praktikabel. Die Probleme bzw. Schäden, welche der zu hohe Kormoranbestand in der Fischwirtschaft, vor allem in den Fischbeständen der natürlichen Gewässer, verursacht, nahmen extrem zu.

Es ist unbestritten, dass das Kormoranproblem nur gesamteuropäisch gelöst werden kann. Doch mit einem europäischer Kormoranmanagementplan bzw. praktischen Maßnahmen zu einer Europaweit koordinierten Regulierung des Kormoranbestandes ist in naher Zukunft nicht zu rechnen. Die Verantwortung zum Schutz unserer heimischen Tierwelt und dazu gehören auch unsere heimischen Fischarten liegt immer noch auf nationaler Ebene. Dieser Verantwortung versucht die von den Thüringer Anglerverbänden und der Fischwirtschaft unterstützte neue Thüringer Kormoranverordnung gerecht zu werden.

Um die Schäden durch den Kormoran zu minimieren, erlaubt die neue Kormoranverordnung Maßnahmen zur Verhinderung von Brutkolonien wie das Stören des Nestbaus oder das Herunterstoßen von Nestern. Eine weitere wichtige Neuerung ist die Möglichkeit, auch in der Zeit vom 1. April bis zum 15. August den Kormoran zu vergrämen bzw. zu töten. Diese Regelung wird zukünftig noch wichtiger, da wir feststellen müssen, dass immer mehr Kormorane auch in den Sommermonaten in Thüringen bleiben und die Zuwanderung der großen Schwärme im Herbst immer früher einsetzt.

Die entsprechende Erlaubnis zum Kormoranabschuss innerhalb der Schonzeit ist bei der unteren Naturschutzbehörde zu beantragen. Sie kann den Antrag nur dann ablehnen, wenn begründete öffentliche Belange, insbesondere solche des Naturschutzes, einschließlich des Arten- und Tierschutzes, diesem entgegenstehen. Eine Ablehnung der Anträge dürfte in den seltensten Fällen begründet sein, da zum Artenschutz unbedingt der Schutz unserer heimischen Fischfauna gehört.

Laut Verordnung sind aktuell der Vergrämungsabschuss und damit eine Regulierung des Kormoranbestandes im Freistaat Thüringen ganzjährig in einem Gebiet von 250 Metern um das fischereiwirtschaftlich genutzte Gewässer (auch in Fließgewässern, Talsperren, Speicher und Kiesseen) möglich. Diese neue Regelung gilt auch in Schutzgebieten und ist eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung des Fischartenschutzes.

Leider mussten wir dieses Jahr mehrfach feststellen, dass zuständige Genehmigungsbehörden versuchen, mit überhöhten, nicht nachvollziehbaren Bearbeitungsgebühren, den Antragsteller finanziell abzuschrecken oder mit unverhältnismäßig langen Bearbeitungszeiten der Anträge, die für den Artenschutz so wichtigen neuen Regelungen in der Thüringer Kormoranverordnung zu umgehen. Dies ist nicht akzeptabel und zeigt, dass trotz langsamer Annäherung der Positionen Vogelund Fischartenschutz in Thüringen immer noch nicht den gleichen Stellenwert haben.

Darum werden wir dieses Thema und die möglichen Schritte in der ersten Beratung der Interessengemeinschaft Thüringer Fischerei Anfang November gemeinsam mit den anderen Anglerverbänden und den Berufsfischern besprechen. Unser Verband erwartet außerdem eine klare Positionierung und Vorgabe unseres Fachministeriums an die nach geordneten Behörden zur Umsetzung der Kormoranverordnung.

Die zum jetzigen Zeitpunkt schon sehr zahlreich an unseren Gewässern jagenden Kormorane, weißen eindeutig darauf hin, dass wir in diesem Herbst und Winter wiederum mit dramatischen Schäden in unseren heimischen Fischbeständen rechnen müssen. In dieser Situation ist verantwortungsvolles Handeln von allen Beteiligten gefragt. 

André Pleikies, Geschäftsführer